Ladestationen für E-Autos

Technische Konzepte und Anforderungen

Text: Sandra Hoffmann | Foto (Header): © mmphoto – stock.adobe.com

Elektromobilität mit eigenem Solarstrom wird für Gewerbebetriebe immer attraktiver. Die gesunkenen Kosten für Photovoltaik-Systeme versprechen eine rentable Investition. Bei der Umstellung auf einen Photovoltaik-betriebenen Fuhrpark gibt es allerdings technische und rechtliche Herausforderungen, die für eine erfolgreiche Umsetzung beachtet werden müssen.

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe November / Dezember 2020
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Elektromobilität ist vor allem dann nachhaltig, wenn der dafür eingesetzte Strom aus erneuerbaren Energien stammt. Wer eigene Fahrzeugflotten betreibt, kann den Strom vor Ort mit der eigenen PV-Anlage produzieren und für die Ladung der E-Autos nutzen (Eigenversorgung). Auf diese Weise können Firmen sicherstellen, dass regenerativer Strom zum Einsatz kommt und die Beladekosten planbar und stabil bleiben. In puncto Strombezug werden Betriebe so zu Prosumern: Stromkunden, die Ladebeihren selbst erzeugten Strom entweder selbst verbrauchen und/oder ins Netz einspeisen. Bei nicht ausreichender Eigenerzeugung bezieht der Prosumer auch Strom aus dem öffentlichen Versorgernetz. Betriebswirtschaftlich betrachtet ist es bei einer Neuanlage meistens sinnvoll, möglichst große Mengen des durch die eigene PV-Anlage produzierten Solarstroms, ggf. nach einer Zwischenspeicherung, selbst zu verbrauchen und nur den Überschussstrom einzuspeisen, denn auf den Eigenverbrauch muss nur eine reduzierte EEG-Umlage gezahlt werden und es fallen keine Netzentgelte an. Voraussetzung ist allerdings eine Personenidentität zwischen dem Betreiber der PV-Anlage und dem Betreiber der Ladepunkte. Auch im gewerblichen Bereich ist selbst erzeugter PV-Strom schon heute oft günstiger als Strom aus dem Netz.

Technisch gesehen ist ein elektrisch betriebenes Fahrzeug ein flexibler Stromverbraucher mit hohem Leistungsbezug. Dieser hohe Leistungsbedarf hat Einfluss auf die Stromkosten des Betriebs, denn in Gewerbebetrieben hängen diese nicht nur von der verbrauchten Strommenge, sondern auch stark von der maximal bezogenen Leistung ab (Lastspitzen). Die PV selbst ist nicht flexibel. Daher muss, um das Lastprofil des Betriebs zu optimieren, Lastspitzen zu vermeiden und Kosten zu senken, bei der direkten Nutzung von Solarstrom für das Laden von E-Fahrzeugen bei PV-Eigenversorgungsanlagen ein gutes Lademanagement betrieben werden. So lassen sich z. B. Ladevorgänge ggf. verschieben. Zusätzlich können Batteriespeicher insbesondere bei Schnellladestationen Lastspitzen reduzieren und den PV-Strom auch in den Abendoder Nachtstunden zur Verfügung stellen. Darüber hinaus haben hohe Leistungsbezüge Einfluss auf den Netzbetrieb. PV-Batteriespeichersysteme können durch Spitzenkappung das Verteilernetz entlasten und durch Systemdienstleistungen die Aufnahmekapazität im Verteilnetz erhöhen, sofern die regulatorischen Randbedingungen entsprechend angepasst werden. Ladestationen oder auch Ladepunkte, die Bezeichnungen sind nicht einheitlich, können dabei ebenso wie PV-Anlagen und Speicher vom Gewerbebetrieb selbst oder von einem Dienstleister betrieben werden. Relevant ist hier auch die Nutzung der Infrastruktur. In der Praxis kommen meist drei verschiedene Nutzungsvarianten zum Einsatz: Variante 1: Nur firmeneigene E-Fahrzeuge werden geladen, Variante 2: Firmeneigene E-Fahrzeuge und private Mitarbeiterfahrzeuge werden geladen, Variante 3: Firmeneigene E-Fahrzeuge sowie Mitarbeiter- und Kundenfahrzeuge werden geladen. Die unterschiedliche Behandlung von Mitarbeiter- und Kundenfahrzeugen gilt allerdings nur noch bis Ende 2020.

 

Ladepunkte planen

Da der Energie- und Mobilitätsbedarf von Gewerbebetrieben unterschiedlich ist, müssen das Anlagendesign und die technische Ausgestaltung, z. B. des Messkonzepts, individuell gestaltet werden. Die wichtigste Planungsaufgabe besteht darin, die nötige Fahrzeugflotte intelligent und ökonomisch in das vorhandene lokale Stromverteilnetz des Betriebs (Kundenanlage) einzubinden. Das technische Design eines E-Mobilitätskonzepts mit PV-Eigenversorgungsanlagen ergibt sich dann aus der jeweiligen Ausgangssituation der Firma und den Anforderungen an das angestrebte Mobilitätsziel. Für die individuelle Gestaltung des Anlagendesigns sowie des Mess- und Abrechnungskonzepts sind u. a. folgende Kriterien entscheidend:

  • Nutzungsart und Nutzerstruktur (u. a. Anzahl der E-Fahrzeuge, Nutzer)
  • Art der Abrechnung
  • Ladebedarf (u. a. Ladezeiten/-leistung, Reichweiten, Prioritäten)
  • Fahrzeug- und Steckertypen
  • Ladeinfrastruktur und Ladebetriebsarten
  • Art der Integration der Ladestationen in die Kundenanlage (u. a. Anzahl der Ladepunkte oder Gleichzeitigkeit der Ladevorgänge)
  • Leistung und Ertrag der PV-Anlage
  • Leistung und Kapazität eines potenziellen Batteriespeichers
  • Leistungsfähigkeit des Last- und Energiemanagements
  • Entfernung zwischen Ladestation und Hausanschlusspunkt
  • Kapazität des vorhandenen Netzanschlusses
  • Anforderungen des örtlichen Netzbetreibers an das Messkonzept

Bei der Kombination mit PV-Eigenversorgungsanlagen kommen weitere Aspekte hinzu. Zunächst müssen jedoch der Bedarf an Ladeinfrastruktur und die gewünschte Ladebetriebsart festgestellt werden:

  • Welcher Fahrzeugtyp ist für den Betrieb nötig (Kleinwagen, Transporter)?
  • Wie viele Fahrzeuge müssen geladen werden? Wann müssen sie bereitstehen?
  • Müssen Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden?
  • Welche Reichweite müssen die Fahrzeuge täglich realisieren?
  • Wie viele Ladestationen werden mindestens benötigt?
  • Gibt es genug Platz für Parkplätze mit mehreren Ladestationen?
  • Wo können die Ladestationen installiert werden und wie weit sind diese Punkte von einem geeigneten Netzanschlusspunkt entfernt?
  • Wie hoch sind der Leistungsbedarf der Ladestationen und die mit dem Netzbetreiber vereinbarte Netzanschlussleistung?

Diese Daten bilden die Grundlage für die Bestimmung des Fuhrparks und der dazu passenden Ladeinfrastruktur.

 

Ladedauer und -leistung

Bei der Entscheidung für eine entsprechende Ladeinfrastruktur ist die Ladedauer ein wichtiger Faktor. Sie hängt von der Leistungsfähigkeit der Ladestation, der Batteriekapazität und der zulässigen Ladeleistung der Fahrzeugbatterie ab. Je höher die Leistung der Ladestation, desto schneller kann geladen werden – sofern die Ladesteuerung des Fahrzeugs diese hohen Leistungen zulässt. Alle Größen müssen aufeinander abgestimmt werden. In Abhängigkeit von der Ladeleistung unterscheidet man zwei Ladebetriebsarten: die Normalladung mit bis zu 22 kW Ladeleistung und die Schnellladung mit mehr als 22 kW (siehe Tabelle). Für die Normalladung reicht üblicherweise ein Niederspannungsanschluss, bei hohen Ladeleistungen kann ein Mittelspannungsanschluss nötig werden.

Die unterschiedlichen Fahrzeugtypen und -hersteller unterstützen in der Regel mindestens (begrenztes) Normalladen. Schnellladen stellt oft eine Zusatzoption dar, kann aber auch gar nicht verfügbar sein. Zudem ist zu beachten, dass neben der Ladeleistung auch verschiedene Ladestecker, je nach Ladebetriebsart und Fahrzeughersteller, zum Einsatz kommen können, sodass der Fuhrpark und die Ladeinfrastruktur gut aufeinander abgestimmt werden müssen. Die Ladedauer eines Fahrzeugs ergibt sich aus der Fahrzeugbatteriekapazität, der maximal zulässigen Ladeleistung und der Leistung der Ladeeinrichtung bzw. des Netzanschlusses. Sie ist somit individuell unterschiedlich. Der Ladevorgang wird durch den Nutzer oft bei ca. 80 Prozent beendet, da die Ladeleistung bei hohen Ladezuständen stark abnimmt und sich die Dauer des Ladevorgangs entsprechend überproportional zur geladenen Strommenge verlängert. Hierbei können wiederum abhängig von Fahrzeug und Ladestation bis zu 100 km Reichweite pro 10 Minuten Ladedauer erzielt werden.

 

Anschluss ans firmeneigene Netz

Wenn hohe Ladeleistungen für die Nutzungsanforderungen des Gewerbebetriebs nötig werden, muss geprüft werden, ob die Kapazität des vorhandenen Netzanschlusses reicht. Sollte sie nicht reichen, muss analysiert werden, ob durch geeignetes Lastmanagement oder einen zusätzlichen Batteriespeicher die Leistung eingehalten werden kann. Anderenfalls muss man eine Leistungserhöhung des Netzanschlusses beantragen. An den Ausbaukosten wird das Unternehmen über einen Baukostenzuschuss beteiligt (Absprache mit dem örtlichen Netzbetreiber). Neben der maximalen Netzanschlussleistung muss auch die vorhandene elektrische Infrastruktur geprüft werden. So erfordert z. B. eine Ladeleistung von 11 kW einen 400-V-Drehstromanschluss und muss mit 16 Ampere abgesichert werden. Eine Leistung von 22 kW erfordert einen 32-A-Anschluss, bei 43 kW wird ein 63-A-Anschluss erforderlich. Zudem ist bei der Auslegung des Zählerplatzes die VDE-AR-N 4101 zu beachten (Dauerbelastungsgrenzen von 32 bzw. 44 Ampere). Gegebenenfalls ist in Folge einer deutlichen Vergrößerung des Leistungsbedarfs durch den Betrieb von Ladeinfrastruktur eine Wandlermessung nötig.

 

Lade- und Energiemanagement

Der Einsatz eines Lastmanagements ist bei großen und flexiblen Verbrauchern eine technisch und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme. Das speziell auf das Verhalten von Ladeinfrastruktur angepasste Lastmanagement kann als Lademanagement bezeichnet werden. Ein intelligentes Lademanagement kann folgende Optimierungsansätze zur Verbesserung des Ladeverhaltens in Bezug auf die unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen verfolgen:

  • effektiver und wirtschaftlicher Umgang mit dem vorhandenen und limitierten Netzanschluss
  • Vermeidung von Lastspitzen und Glätten des Lastprofils
  • Erfüllung unterschiedlicher Nutzungsanforderungen der E-Fahrzeuge bzw. der Mitarbeiter
    • Leistungsangebot an alle angeschlossenen Fahrzeuge
    • Vorrang für bestimmte Nutzer (Prioritäten)
    • Vorrang entsprechend des Ladezustands einzelner Autos und der jeweils benötigten Reichweite
    • Zeitpunkt und Dauer der jeweiligen Nutzung
    • fahrzeugspezifische Zuteilung von ungenutzter Ladeleistung
  • optimale Nutzung des selbst erzeugten PV-Stroms
    • Anpassung der Ladeleistung an das Solarstromangebot
    • Erhöhung der Eigenverbrauchsquote durch Energiemanagement und ggf. durch ein Speichersystem

Wie viel Strom direkt von der PV-Anlage in die Fahrzeugbatterie fließt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich ist es von Vorteil, wenn tagsüber direkt mit PV-Strom geladen wird. Soll auch abends oder nachts geladen werden, kann die Ladung mit Solarstrom nur über ein zusätzliches Speichersystem erfolgen. Bei größeren Systemen mit mehreren Ladepunkten ist die Abstimmung des intelligenten Lademanagementsystems mit der gleichzeitigen direkten Nutzung des PV-Stroms technisch komplex. Die Steuereinheit der Ladestationen muss dann auch mit dem Energiemanagementsystem der PV-Eigenversorgungsanlage kommunizieren können. Dieser übergeordneten Steuerung kommt eine besondere Rolle zu. Zudem stellt die Umsetzung eines intelligenten Lademanagements auch im Hinblick auf die Berücksichtigung der unterschiedlichen Anforderungen beim Fuhrparkmanagement eine große Herausforderung dar.

Aufgrund der Anforderungen, die sich aus den verschiedenen Gesetzen ergeben, können Mess- und Zählerkonzepte komplex werden. Das passende Messkonzept hängt wie erwähnt davon ab, ob es sich um eine PV-Eigenversorgungsanlage handelt oder ob auch Dritte (Mitarbeiter und Kunden) beliefert werden und welches Abrechnungskonzept vorgesehen ist. Die meisten Netzbetreiber stellen auf ihren Internetseiten Messkonzepte für Standardanwendungen zur Verfügung. Da jeder Gewerbebetrieb andere Bedingungen mit sich bringt und die Anforderungen der Netzbetreiber unterschiedlich sein können, sollte in entsprechende Planungen unbedingt ein Experte eingebunden werden, der die komplexen Anforderungen bez. komplexer Messkonzepte und kaufmännischer Abrechnung beherrscht und mit dem jeweiligen Netzbetreiber kommunizieren kann.

 

Netzanschlussbedingungen

Der Anschluss von Ladestationen für die E-Mobilität in der Kundenanlage sowie das vorgesehene Messkonzept müssen mit dem Netzbetreiber abgesprochen werden. Bei einer Summenbemessungsleistung von mehr als 12 kVA bedarf die Inbetriebnahme der Ladestationen gem. § 19 Abs. 2 NAV sogar der expliziten Zustimmung des Netzbetreibers. Die technischen Anschlussbedingungen des örtlichen Netzbetreibers (TAB) müssen beachtet werden. In den TAB werden allgemein gültige technische Anforderungen, wie die TAR 4105 und TAR 4100, umgesetzt sowie darüber hinausgehende eigene Anforderungen, wie z. B. eine Genehmigungspflicht, definiert. So müssen Ladestationen und Wallboxen auf privatem Gelände wie im öffentlichen Raum beim örtlichen Netzbetreiber angemeldet werden. Auch die Pflicht und die Anforderungen zur Steuerung der Ladeeinrichtungen durch den Netzbetreiber werden unterschiedlich gehandhabt.

 

Ausblick

Die anstehende EEG-Novelle und die Überarbeitung des § 14a „Steuerbare Verbrauchseinrichtungen in Niederspannung“ im EnWG wird neue Anforderungen an den Anschluss von PV-Anlagen und E-Fahrzeugen hinsichtlich des Einsatzes von Smart-Meter Gateways und der Steuerbarkeit von Prosumeranlagen bringen.

 

Quelle: Leitfaden „Photovoltaik und Elektromobilität sinnvoll kombinieren“ des BSW – Bundesverband Solarwirtschaft e. V.; Das Projekt wurde im Fördervertrag Nr. 764786 des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont 2020 der Europäischen Union gefördert.

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