Im Gespräch
Wohnen im Container
Text: Ivan Mallinowski | Foto (Header): © Stefan Hohloch
„Future is living in a cube“ – unter diesem Leitspruch baut das Unternehmen Containerwerk seit 2016 ausrangierte Seefrachtcontainer zu voll einsatzfähigen Bau- und Wohnmodulen um. Die Vorgaben der EnEV werden dabei zu 100 % erfüllt und sogar noch übertroffen. Einzigartig ist dabei das neuartige und patentierte Dämmverfahren. Im Interview erzählt Geschäftsführer und Produktentwickler Ivan Mallinowski, vor welchen Herausforderungen sie bei der Entwicklung standen und welche Potenziale die Container für ihn haben.
Auszug aus:
EnEV Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe März / April 2019
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Herr Mallinowski, wie kam es zu der Idee, gebrauchte Seefrachtcontainer in Wohnungen umzubauen?
Die Idee, Container in der Architektur zu verwenden, ist nicht neu. Mich hat aber die Anwendung als fertiger, funktionierender Baustein und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten des mobilen und skalierbaren Bauens gereizt. Voraussetzung hierfür ist eine sehr gute und vor allem schlanke Dämmung. Die Vorgabe, bei einem attraktiven Preis kurzfristig hohe Stückzahlen anbieten zu können, brachte mich auf die Idee einer seriellen, nicht handwerklichen, sondern industriellen Fertigung unserer Raummodule.
Ihre patentierte Dämmung macht Sie derzeit konkurrenzlos auf dem Markt. Sie benötigt weniger Platz als eine herkömmliche und liegt trotzdem über den Anforderungen der EnEV. Wie haben Sie das geschafft?
Der Schlüssel ist eine monolithische Dämmung. Unsere Dämmung ist aus einem Stück, so haben wir keine Wärmebrücken. Diese Art der Verarbeitung, kombiniert mit einem der besten zur Verfügung stehenden Dämmstoffe, macht das Ganze unschlagbar.
Das klingt nach einer großen Herausforderung …
Das größte Problem war die räumliche Verarbeitung, also die 3D-Verarbeitung von Dämmstoffen, raumhoch und über 12 m Länge, in einem voll automatisierten Prozess. Trotz gegenteiliger Expertenmeinung haben wir es nach vielen Versuchen tatsächlich geschafft, unser eigenes, spezielles Verfahren zu entwickeln. Dass wir heute ein Raummodul in unter zwei Stunden, fertig gedämmt mit Wand- und Deckenoberflächen, auf unserer Anlage produzieren können, hätte ich am Anfang nicht für möglich gehalten.
Wie sieht es mit Erschließungsmaßnahmen aus? Müssen sie vorhanden sein oder lässt sich das Modul autark betreiben?
Eine bestehende Erschließung ist immer das Einfachste, allerdings können wir unsere Module auch komplett autark betreiben. Ein erstes Projekt in Costa Rica wird gerade von uns umgesetzt. Dort wird nicht nur der Strom über Solarzellen erzeugt und für die Nacht gespeichert, sondern auch Regenwasser nach deutschem Standard zu Trinkwasser aufbereitet.
Ihre Container sind als Serienprodukt konzipiert. Wer sind derzeit Ihre Kunden?
Vom Großinvestor mit mehreren hundert Einheiten je Bauprojekt, bis zum Einzelcontainerhaus, z. B. für Feriengäste und Erweiterungen im Bestand. Es ist alles dabei. Von der Bundesregierung über die Deutsche Bahn bis zum deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt laufen konkrete Planungen. Und auch international wird man gerade auf uns aufmerksam. Da kommt noch einiges.
Und was ist das größte Projekt, das bis jetzt realisiert wurde?
Aktuell ist es ein Jugendwohnheim in Hamburg.
Die verwendeten Materialien können zu 100 % recycelt werden. Wie stehen Sie zu einer potenziellen „Ressourcen-Einspar-Verordnung“ und wäre diese Ihrer Meinung nach auch im konventionellen Wohnungsbau umsetzbar?
Wir alle müssen in diese Richtung denken und handeln. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben wir uns für den gebrauchten Seefrachtcontainer als „Rohling“ unseres Raummoduls entschieden. Ich sehe hier keine Fragen von kann – sondern das muss auch im konventionellen Wohnungsbau umgesetzt werden.
Welches Potenzial sehen Sie in Ihren Containern und was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Das Potenzial ist gewaltig. Die Immobilie wird zur Mobilie, das entspricht den Anforderungen unserer Zeit und könnte viele Probleme lösen. Gebäude werden skalierbar und wachsen mit ihren Anforderungen. Nachverdichtung und Ergänzung von bestehenden Standorten werden einfacher möglich. Durch die minimale Anforderung an Fundamentierung sind nur geringe Eingriffe in den Boden notwendig, das spart Kosten. Das macht selbst temporäre Nutzung von Flächen auch schon für kurze Zeit wirtschaftlich. Gebäude werden mobil, ändern ihre Größe, den Standort und ihre Nutzung, sie passen sich also unseren Bedürfnissen an und nicht umgekehrt – das ist Zukunft!
Danke, dass Sie uns Ihre tolle Idee vorgestellt haben, Herr Mallinowski und weiterhin viel Erfolg!
Ivan Mallinowski
Ivan Mallinowski, Jahrgang 1969 – von Beruf nach eigenen Angaben Erfinder und Gestalter. Im Jahr 2000 gründete er die Messe- und Sonderbaufirma Artec 360 GmbH. Als er 2008 vom Fraunhofer Institut den Auftrag erhielt, das „Hotelzimmer der Zukunft“ in einem Seefrachtcontainer zu bauen, erwachte sein Interesse für die Umnutzung von gebrauchten Frachtcontainern zu Wohnraum. Nach acht Jahren Entwicklung und Forschung gründete er 2017 gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Michael Haiser die CONTAINERWERK eins GmbH.