Raumklima

Kühlen mit der Wärmepumpe

Text: Alexander Sperr | Foto (Header): © cunaplus – stock.adobe.com

In modernen, gut gedämmten Wohngebäuden kann es v. a. bei mangelnder Verschattung leicht zur Überhitzung kommen, was den sommerlichen Wärmeschutz besonders in den Fokus rückt. Hinzu kommt das Komfortbedürfnis der Menschen, die heute in vielen Bereichen Kühlung gewohnt sind und auf diese in den eigenen vier Wänden nicht verzichten wollen. Hier kommt eine Wärmepumpe ins Spiel: Sie kann nicht nur heizen, sondern auch kühlen – aktiv und passiv.

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe Mai / Juni 2023
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Ob sich Menschen in ihrer Umgebung behaglich fühlen, hängt von etlichen Einflussfaktoren ab. Durch Heizung und Klimatisierung kann die thermische Behaglichkeit beeinflusst werden. Hier machen sich v. a. folgende Größen bemerkbar: Raumlufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit und Turbulenzgrad, die Oberflächentemperaturen der umgebenden Wände sowie Aktivitätsgrad und Bekleidung der Personen. Für behagliche Temperaturen im Sommer wird die Raumluft gekühlt und ggf. entfeuchtet. Hierbei sollten Temperaturunterschiede zwischen Außen- und Raumlufttemperatur von mehr als 5 K möglichst vermieden werden. Eine günstige Lösung bei der Kühlung von Wohngebäuden kann eine Wärmepumpe sein. Sie kann, abhängig vom Bedarf, Umweltwärme aus Erde, Grundwasser oder Luft ins Gebäude bringen oder die überschüssige Raumwärme abführen. Damit ist eine Wärmepumpe das einzige Heizgerät, das auch kühlen kann. Bei manchen Projekten kann durch den Einsatz einer Wärmepumpe zum Heizen und Kühlen zudem das Gebäudeenergiegesetz (GEG) erfüllt werden, in das die Regelungen des früheren EEWärmeG aufgenommen wurden. Das GEG fordert sowohl für die Versorgung mit Wärme als auch mit Kälte einen Mindestanteil regenerativer Energien. Die Anforderungen der EnEV hat das GEG ebenfalls weitestgehend übernommen. Auch in dieser Hinsicht – oder für geförderte Effizienzhäuser – ist die Kühlung per Wärmepumpe eine sinnvolle Variante, allerdings ist zu beachten, dass gekühlte Wohngebäude für den GEG-Nachweis zwingend mit dem Verfahren nach DIN V 18599 zu bilanzieren sind.

Grundsätzlich werden zwei unterschiedliche Methoden der Kühlung mit Wärmepumpen unterschieden: die aktive Kühlung, bei der der Verdichter der Wärmepumpe in Betrieb ist, und die passive Kühlung, bei der die Wärmequelle direkt genutzt wird. Bei Letzterer können nur Wärmequellen mit einer relativ niedrigen Temperatur – also Erde und Grundwasser – genutzt werden. Im Fall der aktiven Kühlung muss der Kältekreis der Wärmepumpe umkehrbar sein. Möglich ist das mit sämtlichen Wärmequellen.

 

Passive Kühlung

Das Erdreich hat in Tiefen von mehr als acht Meter ganzjährig eine Temperatur von etwa 9 bis 10 °C. Damit ist es nicht nur während der Heizperiode eine hervorragende Wärmequelle, sondern auch im Sommer eine ausgezeichnete „Kältequelle“. Ähnlich verhält es sich mit den auch im Sommer deutlich unter Raumtemperatur liegenden Grundwassertemperaturen. Mit diesen Wärmequellen lassen sich in der heißen Jahreszeit Gebäude auf einfache Art direkt kühlen. Notwendig ist dafür ein zusätzlicher Plattenwärmeübertrager. Über diesen wird die Wärme, die den Räumen über die Heiz- bzw. Kühlflächen entzogen wurde, auf den Quellenkreislauf übertragen und anschließend über die Erdwärmesonde oder den Schluckbrunnen an Erdreich bzw. Grundwasser abgegeben. Mit Soletemperaturen von 15 °C lassen sich Kaltwassertemperaturen von etwa 17 °C erreichen. Aufgrund der geringen Temperaturdifferenzen bei der Kühlung sind größere Massenströme nötig als bei der Heizung. Da der Verdichter der Wärmepumpe nicht in Betrieb ist, wird von passiver oder direkter Kühlung oder „natural cooling“ gesprochen. Die passive Kühlung ist sehr preiswert und umweltfreundlich, im Kühlbetrieb muss nur der Strombedarf für die Sole- und die Umwälzpumpe aufgewendet werden. Notwendig ist neben dem zusätzlichen Plattenwärmeübertrager noch ein soleseitiges Umschaltventil. Bei Sole-Wasser-Wärmepumpen mit Erdsonden ist die passive Kühlung meist ausreichend. Andernfalls besteht die Möglichkeit der energieintensiveren aktiven Kühlung. Möglicherweise genügt aber auch eine „Ankühlung“, also eine Kühlung, die unter bestimmten Randbedingungen nicht die gesamte erforderliche Kühlleistung zur Verfügung stellt.

Bei passiver Kühlung mit Erdsonden erfolgt durch den sommerlichen Kühlbetrieb eine schnellere Regeneration des Erdreichs rund um die Erdsonden. Bei einer knappen Dimensionierung der Sonden kann der langfristigen Auskühlung des Erdreichs vorgebeugt werden. Je nach Bohrtiefe und weiteren Randbedingungen hat sich das Erdreich nach der sommerlichen Kühlung derart aufgewärmt, dass die Wärmepumpe bei der nächsten Heizperiode effizienter arbeitet; zudem wird die Auskühlung des Erdreichs um die Sonden vermindert.

Mit Grundwasser ist eine gleichmäßigere Kühlung als mit Erdsonden möglich, da dieses ständig erneuert wird. Allerdings müssen auch hier Auflagen der zuständigen Ämter erfüllt werden. Im Regelfall darf sich das Grundwasser nicht über eine bestimmte Temperatur erwärmen bzw. eine bestimmte Entnahmemenge nicht überschritten werden. Alternativ kann auch Wasser aus Flüssen und Seen zum Kühlen verwendet werden. Hier sind ebenfalls die Auflagen der Behörden zu erfüllen. Im Regelfall werden nur bestimmte Temperaturerhöhungen und Entnahmemengen zugelassen. Eine Kühlung mit Erdkollektoren ist in den meisten Fällen nur bedingt möglich, da sich das Erdreich um die Erdkollektoren relativ schnell erwärmt. Die Kälteentzugsleistung ist auch stark abhängig von den anfallenden Niederschlagsmengen. Durch Regen kann sich das Erdreich schneller regenerieren. Oft dringt aber Regenwasser im Sommer gar nicht bis in die Tiefen der Erdkollektoren vor. Sollten die Erdkollektoren nahe am oder im Grundwasser liegen, ist auch eine Kühlung über Erdkollektoren sinnvoll und wirtschaftlich.

 

Aktive Kühlung

Luft-Wasser-Wärmepumpen nutzen die Außenluft als Wärmequelle. Da die Außenlufttemperatur im Sommer über der erforderlichen Kühltemperatur liegt, ist nur die aktive Kühlung über den umkehrbaren Kältekreislauf möglich. Es gibt ebenfalls Sole-Wasser- und Wasser-Wasser-Wärmepumpen, mit denen aktiv gekühlt werden kann. Im Kühlfall wird der Kältekreislauf der Wärmepumpe so umgekehrt, dass Wärmequelle und Wärmesenke getauscht werden. Die Umschaltung zwischen Heiz- und Kühlbetrieb kann außerhalb der Wärmepumpe erfolgen oder über ein 4-Wege-Umschaltventil im Kältekreislauf. Letzteres ist bei Luft-Wasser-Wärmepumpen üblich. Der Verdichter arbeitet unverändert, das Ventil dreht die Flussrichtung des Kältemittels um: der Luft-Kältemittel-Wärmeübertrager wird dann zum Verflüssiger, der Kältemittel-Wasser-Wärmeübertrager zum Verdampfer. So erfolgt eine Abkühlung des zirkulierenden Heizkreiswassers. Die aus den Räumen abgeführte Wärme kann entweder an eine Wärmesenke abgegeben werden (in die Sonden oder an die Außenluft) oder auch z. B. zur Trinkwassererwärmung genutzt werden.

 

Kühllast

„Kühllast“ bezeichnet den Wärmestrom, der aus einem Raum oder einem Gebäude abgeführt werden muss, um den gewünschten Zustand der Raumlufttemperatur zu erhalten. Die Haupteinflussfaktoren auf die Kühllast sind: Sonneneinstrahlung und Transmission (äußere Faktoren), die Wärmeabgabe von Personen, Geräten und Beleuchtung (innere Faktoren) sowie ggf. auch Stoffströme, z. B. Außenluftanteile bei Fugenlüftung oder Lüftungsanlagen. Die Berechnung der Kühllast sollte möglichst genau ausgeführt werden. Hierzu bietet sich das Verfahren nach VDI 2078 an. Überschlägige Verfahren sollten allenfalls für erste grobe Abschätzungen verwendet werden.

 

Kostenvergleich

Im Fall von Erdsondenanlagen kommt es im Untergrund sowohl bei der passiven als auch bei der aktiven Kühlung zu Wechselwirkungen zwischen Heiz- und Kühlbetrieb.
• Nach der Heizperiode: Das Erdreich um die Sonden herum ist abgekühlt, was dem Kühlbetrieb in der warmen Jahreszeit entgegenkommt.
• Nach der Kühlperiode (also zu Beginn der nächsten Heizperiode): Das Erdreich um die Sonden ist aufgewärmt, was wiederum die Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle und Wärmesenke verringert und damit die Effizienz erhöht.

Verglichen mit der traditionellen Kühlung über Split-Klimageräte, Kaltwassersätze oder VRF-Systeme ist die Kühlung über Wärmepumpen relativ preiswert. Bei passiver Kühlung eines Bürogebäudes lassen sich bis zu 80 % der Kühlkosten sparen und bei aktiver Kühlung immerhin ca. 20 %. Ob sich die Effizienz des Heizbetriebs durch die bessere Regenerierung der Wärmequelle durch den Kühlbetrieb tatsächlich deutlich steigern lässt, ist strittig. Für Gebäude mit erhöhten Komfortanforderungen bietet es sich an, über Erdsonden eine Vorkühlung vorzunehmen und ggf. über eine konventionelle Kompressionskältemaschine nachzukühlen bzw. genaue Temperatur- und Feuchteanforderungen zu gewährleisten.

 

Geeignete Kühlsysteme

Bei der Nutzung von Wärmepumpen für die Kühlung werden meist Flächenkühlsysteme eingesetzt: Fußboden- oder Wandheizung, Kühldecken, Deckensegel und Betonkerntemperierung. Eine Entfeuchtung ist nur bei der Verwendung von Ventilatorkonvektoren möglich, eine Kondenswasserableitung muss hier mitgeplant werden. Im Gegensatz zu den Flächenkühlsystemen spielt die Taupunkttemperatur bei Ventilatorkonvektoren keine Rolle, weswegen der Betrieb mit niedrigeren Kaltwassertemperaturen möglich ist. Bei der Kühlung über die Wand- oder die Fußbodenfläche muss unbedingt die Unterschreitung des Taupunkts der Raumluft vermieden werden, da sonst Wasserdampf auf der Kühlfläche kondensieren kann. Zur Vermeidung der Kondensatbildung werden üblicherweise ein Raumtemperatur- und ein Feuchtefühler eingesetzt, die an den Wärmepumpenregler angeschlossen sind. Der Regler kann damit die minimal zulässige Kaltwassertemperatur berechnen. Eine Entfeuchtung der Raumluft findet dabei nicht statt. Da die relative Luftfeuchte bei sinkender Temperatur steigt, kann sich das negativ auf die Behaglichkeit aus wirken. Unter bestimmten Bedingungen kann die Kühlleistung durch die Gefahr der Taupunktunterschreitung begrenzt sein. Bei der Auslegung sind die jeweiligen Erfordernisse für Heizung und Kühlung zu beachten.

Bei Verwendung der Fußbodenheizung als Kühlsystem kann eine Kühlleistung von etwa 25 W/m² übertragen werden. Das entspricht u. U. nur der Hälfte oder einem Viertel der Kühllast. Aufgrund der relativ hohen Oberflächentemperaturen ist nicht mit kalten Füßen zu rechnen. Bei der Kühlung über Wandflächen kann eine etwas höhere Kälteleistung übertragen werden, da sowohl die Wärmeübertragung durch Strahlung als auch die durch Konvektion höher ist. Auch Luftkühler in Lüftungsanlagen mit geringem Luftwechsel, wie z. B. Wohnungslüftungsanlagen, können über die beschriebene passive und aktive Kühlung versorgt werden.

 

Planung wassergeführter Kühlung

Normativ gibt es derzeit wenige Grundlagen für wassergeführte Kühlanlagen. Eine Planungsnorm (EN 17671) ist kurz vor der Fertigstellung. Grundsätzlich sollten bei der Planung derartiger Anlagen u. a. folgende Punkte beachtet und mit dem Auftraggeber vereinbart werden:
• thermische Eigenschaften des Gebäudes für die Berechnung der Kühllast und mögliche Verbesserungen hinsichtlich Energieeinsparung
• Außentemperatur und absolute Luftfeuchte für den Auslegungsfall
• Auslegungs-Innentemperatur
• Verfahren der Kühllastberechnung
• Festlegung des Deckungsgrads der Kühllast (Kühlung oder Ankühlung), zulässige Überschreitungen der operativen Temperatur
• Energiequelle
• Art und Anordnung der Kälteübergabe/Kühlflächen
• hydraulisches System
• Bei gemeinsamer Nutzung zur Heizung/Kühlung ist besonderes Augenmerk auf die bei der Kühlung größeren erforderlichen Volumenströme gegenüber Heizungsanlagen zu richten.
• Regelung der Kühlanlage, insbesondere bei gemeinsamer Regelung mit Heizungsanlagen
• Vorgaben zum Schutz vor Kondensation (wasserdampfdiffusionsdichte Ausführung der Dämmung von Rohrleitungen, Ventilen und sonstigen Armaturen) bzw. Ableitung von Kondenswasser

Der Autor

Alexander Sperr studierte nach seiner Ausbildung zum Zentralheizungs- und Lüftungsbauer an der TU Berlin Gebäudetechnik. Bevor er 2013 seine aktuelle Tätigkeit als Referent Technik und Normung beim Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V. aufnahm, war er Fachgebietsleiter „Hauswärmetechnik, Lüftung und Klimatisierung“ beim BDEW – Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. und bei der HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung e. V. in Berlin.
Kontakt unter: Sperr@waermepumpe.de

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