Ausgabe September | Oktober 2021
AUSZUG AUS DEM INHALT:
TITELTHEMA
Im Gespräch – Energieautarkie soll Freude und Sinn machen
Eine energieautarke Energieversorgung ist nichts Neues. Im Zuge des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sowie des Pariser Klimaabkommens, das weltweit einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045 vorsieht, und stetig steigender Energiepreise, hat sie jedoch wieder an Bedeutung gewonnen. Vor diesem Hintergrund erklären Timo Leukefeld, Honorarprofessor an der Staatlichen Studienakademie Glauchau und Energiebotschafter der Bundesregierung, sowie Dr. Martin J. F. Steiner, Experte für Energieautarkie in Österreich, wie sich Energieautarkie definieren und umsetzen lässt, was Energieautarkie für das heutige Energiesystem bedeutet und welche Anreize es hierfür gibt.
REALISIERTE OBJEKTE
Bürobau Marketingagentur Claerhout, Gent/Belgien – Integrale Gebäudetechnik – flexible Raumumnutzung
Der Neubau des Bürogebäudes der Marketingagentur Claerhout in Gent setzt auf ein flexibles Raumkonzept und offene Architektur. Eine der wichtigsten Anforderungen, die auch die Klimatechnik abdecken musste, war eine flexible Raumgestaltung und -aufteilung. Pieter Claerhout, Inhaber der Agentur, wollte eine komfortable Arbeitsumgebung schaffen, die Kreativität und Teamarbeit fördert. Dazu gehört u. a. der Verzicht auf eine abgehängte Decke, sodass die technische Infrastruktur im Zwischenboden installiert wurde. Zudem sollten die Betriebskosten um 30 Prozent und die CO2-Emissionen um 50 Prozent reduziert werden.
ENERGIEBERATUNG
„Fit for 55“ bis 2030 und GEG-Novelle 2022 – Auf dem Weg zum klimaneutralen Europa
Überschwemmungen und Waldbrände zeigen, wie dringend Klimaschutz international geboten ist. Die Gremien der EU und die deutsche Politik haben neue Initiativen dazu gestartet. Es gilt, die Treibhausgasemissionen bereits bis zum Jahr 2030 drastisch zu senken. Was planen EU-Kommission und Bundesregierung im Hinblick auf den Gebäudebereich? Wie sehen die Konsequenzen für das GEG aus?
Feuchtemessung richtig gemacht – Fehlerfreier Praxiseinsatz von Methoden der Feuchtemessung
Wer Feuchteschäden vermeiden will, sollte sichergehen, dass Untergründe wie Estriche oder Wände trocken genug und damit bereit sind, weiter bearbeitet zu werden. Dieser Artikel stellt die verschiedenen Arten der Feuchtemessung vor und gibt Tipps, wie das Risiko einer Fehlmessung verringert werden kann.
GEBÄUDEHÜLLE
Fokus auf Gründerzeitgebäude mit aufsteigender Feuchtigkeit – Dämmmaßnahmen bei erdnahen Bauteilen
Durch die thermische Sanierung von Bestandsgebäuden steigt die Lebensqualität der Nutzer, gleichzeitig werden die Gebäude durch die Sanierungsmaßnahmen energieeffizienter. Oft reichen schon wenige Zentimeter Innendämmung, um einen thermischen Neubaustandard zu erreichen. Doch gerade im Sockelbereich sollte bei den erforderlichen Berechnungen berücksichtigt werden, dass die Wärmeleitfähigkeit – als eine der wichtigsten Kenngrößen – vom Wassergehalt des Baustoffs sowie der Temperatur abhängt.
ANLAGENTECHNIK
RLT- und Lüftungsanlagen – Sanieren und regelmäßig Reinigen statt Demontieren
Obwohl die regelmäßige Reinigung der Luftleitungssysteme von RLT- und Lüftungsanlagen vorgeschrieben ist, wurde sie bisher oft vernachlässigt. Die Folgen sind Anlagen, die in puncto Gesundheit, Energieeffizienz, Betriebskosten und Brandschutz irgendwann so bedenklich sind, dass sie saniert oder de- und neu montiert werden müssen. Warum und unter welchen Voraussetzungen in der Praxis eine Sanierung die wirtschaftlichere Lösung ist, zeigt ein entsprechendes Beispiel aus der Praxis.
RECHTLICHES
GEG: Lücken(schluss) – Energetische Inspektion von Klimaanlagen
Obwohl die Energetische Inspektion von Klimaanlagen bereits seit 2007 in der Energieeinsparverordnung (EnEV) verpflichtend vorgeschrieben ist, wurde sie bisher in der Praxis nur wenig beachtet. Ein Schritt, das zu ändern, war die Einführung des Gebäudeenergiegesetzes. Das GEG schließt im Vergleich zum Vorgänger einige Lücken, weist aber dennoch weiter Mängel auf.
Energie-Unabhängigkeitserklärung
In einer Unabhängigkeitserklärung proklamierten am 4. Juli 1776 13 britische Kolonien in Nordamerika ihre Loslösung von Großbritannien und ihr Recht, einen eigenen souveränen Staatenbund zu bilden – ein Meilenstein in der Geschichte der USA. Etwas mehr loslösen würden sich auch viele Bürger heute und hierzulande gerne, und zwar von den Energieversorgungsunternehmen. Einen eigenen, souveränen „Bund“ würden auch gerne viele schließen, bspw. in Richtung gemeinsamer Eigenversorgung mit EE-Strom innerhalb eines Gebäudes oder in Richtung Gründung von EE-Gemeinschaften. Hier sieht jedoch nicht nur der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) Defizite bei der Umsetzung der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) bezüglich Bürgerenergie. Gemeinsam mit dem Bündnis Bürgerenergie (BBEn) e. V. hat der BUND daher beim Institut für Zukunftsenergie- und Stoffstromsysteme eine Studie in Auftrag gegeben. Sie bestätigt Umsetzungsdefizite. Zur anstehenden Bundestagswahl hat das BBEn ein 6-Punkte-Positionspapier erarbeitet und im August Beschwerde über einen Verstoß gegen das EU-Recht durch die Bundesregierung Deutschland bei der Europäischen Kommission eingereicht. Die Bundesrepublik habe die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen zu gemeinsam handelnden Eigenversorgern nicht umgesetzt. Sie habe es z. B. versäumt, die Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften nach Artikel 22 zu definieren. Auch sei ihnen nicht das Recht zugesprochen worden, gemeinsam erzeugte Energie untereinander zu teilen, um sich aus eigenen Anlagen zu versorgen.
Bürgerenergie ist nur ein Bestandteil der Energiewende. Aber soll der Ausbau der Erneuerbaren schneller voranschreiten, genügt es nicht, im Bürgerbereich auf reine Eigenversorgung und teils komplizierte Mieterstrommodelle zu setzen. Viele fordern daher stärkere marktwirtschaftliche Anreize für Bürger, entbürokratisierte Prozesse und (steuer)rechtliche Grundlagen, die es lohnender machen, vom Consumer zum Prosumer (auch für Dritte) zu werden. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. hat Handlungsempfehlungen für die neue Bundesregierung erarbeitet, in denen er u. a. empfiehlt, es auch Prosumern zu ermöglichen, Dritten Energie und Flexibilität anzubieten, sofern sie sich verursachungsgerecht an den Aufwendungen für die Netzinfrastruktur beteiligen. Und ja: Warum nicht marktwirtschiftlich und ökologisch sinnvoll zusammenarbeiten? Ganz unabhängig von jedweden parteipolitischen Bekenntnissen: „Weiter so!“ geht nicht. Der Meilenstein, den die neue Bundesregierung für die Energieversorgung Deutschlands setzen könnte, wäre über eine „Energie-Unabhängigkeitserklärung“ hinaus eine „Energie-Kooperationserklärung“, die neben EVUs und Bürgern auch Wirtschaft, Verkehr und Öffentliche Hand klimaförderlich, unbürokratisch und einfach integriert.
Alles Gute wünscht Ihnen
Ihr GEG Baupraxis-Team.