Steckersolargerät und Wärmepumpen-Warmwasserbooster
Warmwasser von der Sonne
Text: Dipl.-Ing. (FH) Steffen Riedel | Foto: © PixelboxStockFootage – stock.adobe.com
Steckersolargeräte erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Bis dato sollen mehr als 250.000 dieser Anlagen installiert sein. Da sie inzwischen sehr preisgünstig angeboten werden und relativ unkompliziert zu montieren und anzuschließen sind, stellen sie eine ideale Möglichkeit der Stromselbstversorgung dar – insbesondere in Mehrfamilienhäusern, die den Weg über das EEG-Mietermodell scheuen. Welche Rolle können sie für die Warmwasserversorgung spielen?
Auszug aus:
GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe September / Oktober 2023
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INHALTE DES BEITRAGS
Warmwasser mit Booster
Steckersolargerät
Steckersolargerät und Warmwasser
Fazit
Steckersolargeräte ohne Speicher können je nach Größe und Stromverbrauch etwa zwei Drittel der erzeugten Strommenge in einem Haushalt verwenden. Der Rest wird ohne Vergütung ins öffentliche Netz eingespeist. Und je größer die Anlage ist, desto geringer ist der Eigenverbrauchsgrad. Aber ein elektrischer Speicher für ein Steckersolargerät, der den Rest des Ertrags für die Verbraucher im Haushalt verwendet, ist vergleichsweise teuer und seine Anschaffung rentiert sich ggf. erst nach sehr langer Zeit. Auf der anderen Seite ist die Warmwasserversorgung in Gebäuden nach der klassischen Versorgungsart mit Warmwasser- und Zirkulationsleitung sehr energieaufwendig, da insbesondere die durch die Trinkwasserverordnung bestimmten hohen Hygienetemperaturen von über 60 °C zur Vermeidung von Legionellen eingehalten werden müssen. Die Zirkulationsverluste können hier mehr als die Hälfte des Warmwasserenergiebedarfs ausmachen. Die Berechnung nach DIN 18599 mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe für ein gemischt genutztes und nach den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes gedämmten Beispiel-Wohngebäudes mit sieben Wohneinheiten ergab einen Nutzenergiebedarf für Heizung und Warmwasser von insgesamt 25.224 kWh. Die Verteilungsverluste für Warmwasser (Zirkulationsverluste) betragen trotz einer reduzierten Laufzeit der Zirkulationspumpe auf 16 Stunden knapp 9.000 kWh, also mit 35 Prozent mehr als ein Drittel des gesamten Nutzenergiebedarfs. Mit 18.836 kWh ist der Energiebedarf für Warmwasser, einschließlich Zirkulations- und Speicherverluste, fast so hoch wie der Energiebedarf für die Heizung mit 19.100 kWh.
Die Berechnung ergibt für das Warmwasser einen Endenergiebedarf von 4.577 kWh, was einer Jahresarbeitszahl von 4,1 entspricht. Dieser Wert ist aber offenbar viel zu hoch, denn eine Nachrechnung auf Basis der VDI 4650 „Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen“ ergab bei einer Speichertemperatur von 60 °C im Schnitt eine Jahresarbeitszahl um 3,0. Die Wärmepumpenhersteller schweigen sich geflissentlich zur Arbeitszahl für den Warmwasserbetrieb mit Wärmepumpe aus. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Wärmepumpen für den Warmwasserbetrieb mit Wassertemperaturen über 65 °C, um die im Arbeitsblatt DVGW W 551 aus Hygienegründen geforderten 60 °C in der Trinkwasserleitung zu halten und bei einer Wärmequelle mit niedrigeren Wärmequellentemperaturen, wie bei Luft-Wasser-Wärmepumpen, weit unter 3,0 liegen, da sie die geforderten Temperaturen nur mit einem Booster, z. B. mittels Heizstab, erreichen.
Um die hohen Zirkulationsverluste und den deutlichen Effizienzverlust durch die hohen Warmwassertemperaturen zu vermeiden, bietet es sich an, die Warmwasserversorgung zu dezentralisieren. Hier gibt es drei Möglichkeiten:
• Frischwasserstation in jeder Wohnung ohne Zirkulation
• dezentrale Warmwasserbereitung mit elektrischem Speicher und Durchlauferhitzer
• dezentraler Wärmepumpenbetrieb mit einem Warmwasserbooster
Hauptvorteile bei allen drei Lösungsmöglichkeiten:
• Einsparung von zwei Leitungen (Warmwasser und Zirkulation)
• geringere Warmwassertemperaturen
• keine Zirkulationsverluste
Schon die Dezentralisierung lässt die Leitungsverluste auf einen marginalen Wert schrumpfen, wie die Berechnung nach DIN V 18599 zeigt. Der Energiebedarf für die Warmwasserbereitung halbiert sich.
Warmwasser mit Booster
Doch Frischwasserstationen benötigen zur Anhebung des Temperaturniveaus einen Booster in Form eines elektrischen Durchlauferhitzers. Der hat aber zwei Nachteile:
1. Er ist auf eine Leistung von maximal 3,5 kW begrenzt, da er sonst nicht mehr mit Wechselstrom betrieben werden kann. Das führt aber zu einer Begrenzung der Warmwasserleistung. Beispielsweise stehen bei einer Anhebung um 5 K von 35 auf 40 °C maximal 10 Liter Warmwasser pro Minute zur Verfügung. Das ist zwar für eine Dusche ausreichend, führt aber bei der Nutzung mehrerer Warmwasserzapfstellen u. U. zu Komforteinbußen. Eine Möglichkeit, das zu umgehen, wäre, zusätzlich einen kleinen Speicher einzusetzen.
2. Durch das direkte elektrische Nachheizen sinkt die Effizienz durch die Wärmepumpe und damit die Jahresarbeitszahl.
Eine Möglichkeit, diese beiden Nachteile auszugleichen, besteht im Einsatz eines Warmwasser-Wärmepumpen-Boosters. Der DHW Booster HP von Viessmann¹ besteht z. B. aus einem stehenden Warmwasserspeicher mit ca. 170 Liter Inhalt aus Stahl mit Emaillierung und einer integrierten Wärmepumpe. Der COP-Wert wird mit 3,4 bei W25/W55 nach DIN EN 16147 angegeben, woraus geschlossen werden kann, dass der SCOP-Wert oder die Jahresarbeitszahl mindestens genauso hoch sind. Mit einer Einbauhöhe von knapp 1,7 m und einer Kantenlänge von knapp 53 cm lässt sich die Wärmepumpen-Speichereinheit in jedem Einbauschrank verstecken. Die Nutzung der Energie erfolgt aus dem Heizwasserrücklauf der Heizung (z. B. Fußbodenheizung).
Die elektrische Leistungsaufnahme beträgt ohne Elektroheizeinsatz 400 Watt, mit Elektro-Heizeinsatz 1.200 Watt, weshalb ein einfacher Anschluss mit SchuKo-Stecker genügt. Die derzeitige Betriebsweise des Wärmepumpen-Boosters ist durch eine zweistufige Eigenstromnutzung für den Betrieb mit einer normalen PV-Anlage vorgesehen. Dabei wird die Eigenstromnutzung über einen Schaltkontakt freigegeben. Der Betrieb mit einem Steckersolargerät müsste noch konfiguriert werden.
Stufe 1: Falls die Leistung der Photovoltaikanlage für eine einstellbare Zeitdauer über 400 W liegt, wird die Wärmepumpe eingeschaltet und der Trinkwassertemperatur-Sollwert auf maximal 60 °C angehoben. Für den Betrieb mit einem Steckersolargerät müsste der Wert abgesenkt werden können, sowie ebenfalls die einstellbare Warmwassertemperatur.
Stufe 2: Sobald die Photovoltaikanlage mindestens 1,6 kW bereitstellen kann, wird der Elektro-Heizeinsatz eingeschaltet. Um die Eigenstromnutzung zu erhöhen, wird der Trinkwassertemperatur-Sollwert auf maximal 65 °C angehoben. Die Wärmepumpe bleibt so lange eingeschaltet, bis die maximale Temperatur erreicht ist – auch falls mehr Strom verbraucht wird, als die PV-Anlage erzeugt. Da Steckersolargeräte nur maximal 600 Watt, ggf. ab dem 01.01.2024 maximal 800 Watt abgeben dürfen, müsste diese zweite Stufe stillgelegt und der Heizstab nur auf Knopfdruck freigegeben werden.
Ausgehend von einem durchschnittlichen Nutzenergiebedarf von 1.243 kWh pro Wohnung, was etwa 32 Liter Warmwasser pro Person und Tag bei einer durchschnittlichen Belegung von drei Personen pro Wohnung entspricht, hätte man mit einem Wärmepumpen-Warmwasserbooster bei einem COP von 3,4 nur noch einen Endenergiebedarf in Form von Strom von 366 kWh pro Jahr und Wohnung. Das entspräche etwa 37 m³ Erdgas oder einer kWh pro Tag. Zum Vergleich: Eine zentrale Warmwasserbereitung mit Erdgas und Zirkulation würde pro Wohnung knapp 3.000 kWh benötigen.
Für die Aufladung des 170 Liter fassenden Speichers von 15 auf 55 °C, was mehr als dem Tagesbedarf entspricht, bräuchte man 7,9 kWh pro Tag. Unter Berücksichtigung des eben genannten COP-Werts von 3,4 wären aber nur noch 2,3 kWh nötig. Für eine Vollladung braucht dann der Warmwasser-Wärmepumpen-Booster knapp sechs Stunden. Da i. d. R. warmes Wasser nur morgens, ggf. mittags und spätnachmittags oder abends benötigt wird, hätte der Warmwasser-Wärmepumpen-Booster über den Tag ausreichend Zeit, um das Wasser zu erwärmen und zu speichern. Nachts käme er nicht zum Einsatz.
Steckersolargerät
Steckersolargeräte sind auch unter dem Begriff Balkonsolaranlagen bekannt. Die Montage an einem Balkon bietet sich an, da sie relativ einfach durchzuführen ist. Auch der Wechselrichter kann, weil i. d. R. ausgestattet mit der Schutzart IP 65 und höher, relativ problemlos fast überall montiert werden. Derzeit darf die abgegebene Leistung in das Hausnetz 600 Watt nicht überschreiten. Die Bundesregierung plant ab dem 01.01.2024, diesen Grenzwert auf 800 Watt zu erhöhen. Unabhängig davon können auch mehrere Module mit mehr als der oben genannten Leistung angeschlossen werden.
Steckersolargeräte sind nicht auf Balkone beschränkt; man kann sie auch unter der Fensterbrüstung anbringen bzw. über einem Balkon (mit dem Vorteil der sommerlichen Verschattung). Aufgeständert ergäbe sich ein vierfacher Mehrnutzen:
1. Die Fenster des darunterliegenden Stockwerks werden im Hochsommer verschattet, was zum sommerlichen Wärmeschutz beiträgt.
2. Durch den Schutz von oben werden die Fenster besser vor Schlagregen geschützt, halten dadurch länger und benötigen weniger Pflege.
3. Die Module können als Gestaltungselement wirken.
4. Last but not least wird der Solarertrag spürbar gesteigert.
Steckersolargerät und Warmwasser
Ein Steckersolargerät mit 600 Wp kann am Tag bei günstiger Ausrichtung etwa 3 kWh Strom liefern. Bei einer größeren Anlage (z. B. mit 1,2 kWp, auch bei einer Begrenzung auf 600 Watt Abgabeleistung) würde sich die Strommenge nahezu verdoppeln. Wie bereits zuvor gezeigt, würde auch bei einer „kleinen“ Steckersolaranlage die Strommenge vollkommen ausreichen, um über den DHW Booster HP den Warmwasserbedarf zu decken. Und es bliebe noch genug Strom übrig, um entsprechende Verbraucher im Haushalt zu bedienen.
Ausgehend von einem Standardmodul von ca. 1,9 m² sowie 400 Watt pro Modul, bräuchte man knapp 4 m² Fläche für eine 800-Wp-Anlage. Sie würde bei optimaler Ausrichtung je nach Standort ca. 760 kWh im Jahr liefern². Bei einem Zwei- bis Drei-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von insgesamt 3.200 kWh, inkl. Warmwasserbereitung, würde der Eigenverbrauchswert 100 Prozent betragen, sprich, der produzierte Strom könnte vollständig im Haushalt genutzt werden, da auch im sonnenstärksten Monat der Überschussstrom komplett als Warmwasser gespeichert werden kann. Der Autarkiegrad läge in diesem Fall über 20 Prozent. Anders ausgedrückt: Über ein Fünftel des Strombedarfs, einschließlich Warmwasser, ließen sich durch das Steckersolargerät decken. Die Mehrkosten des DHW Booster HP gegenüber einer Frischwasserstation werden durch einen vermiedenen elektrischen Stromspeicher vollständig kompensiert.
Fazit
Gerade im Geschosswohnungsbau werden Steckersolargeräte immer beliebter. Dennoch kann ein Großteil des erzeugten Stroms nicht genutzt werden und verschwindet auf Nimmerwiedersehen ohne Vergütung ins öffentliche Stromnetz. Ein elektrischer Speicher könnte zwar Abhilfe schaffen, ist aber in Bezug auf die Anlagengröße vergleichsweise teuer und rentiert sich kaum. Auf der anderen Seite stellt die zentrale Warmwasserversorgung mit Wärmepumpe wegen der Ineffizienz durch die hohen Warmwassertemperaturen und der hohen Zirkulationsverluste eine große Herausforderung dar. Um insbesondere die Vorschriften aus der Trinkwasserverordnung (Überwachungspflicht) umgehen zu können, bei gleichzeitiger Einhaltung der hygienischen Anforderungen und um die großen temperaturbedingen Zirkulationsverluste zu vermeiden, werden sog. Frischwasserstationen eingesetzt. Diese sollten aber, um das erforderliche Warmwassertemperaturniveau zu erreichen, mit einem elektrischen Durchlauferhitzer ausgestattet sein. Ein Steckersolargerät wäre in der Lage, nicht nur rechnerisch, sondern auch tatsächlich den Warmwasserbedarf über eine Klein-Wärmepumpe zu decken. Nachteilig gegenüber einer Frischwasserstation ist der höhere Preis. Der DHW Booster HP kostet zwar mehr als eine Frischwasserstation, dafür spart sich der Kunde die Kosten für einen elektrischen Speicher.
¹) Viessmann, DHW Booster HP Wasser/ Wasser-Wärmepumpe Datenblatt
²) www.solare-stadt.de/landkreis-lindau
Der Autor
Dipl.-Ing. (FH) Steffen Riedel ist gelernter Rohrinstallateur und Versorgungsingenieur. Er war zuletzt als Klimaschutzmanager des Landkreises Lindau in der Liegenschaftsabteilung im Bauunterhalt tätig. Zudem war er Passivhauszertifizierer (PHI Darmstadt) und 20 Jahre Vor-Ort-Berater nach BAFA. Heute lehrt er Gebäudeenergietechnik an der Leibniz Universität Hannover und an der Hochschule Kempten.