Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Die Novelle 2023

Text: Prof. Dr. Werner Friedl | Foto (Header): © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Am 8. Juli 2022 haben Bundesrat und Bundestag dem „Gesetz zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor” („Sommerpaket”) zugestimmt. Artikel 18a behandelt das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Die Novelle soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe September / Oktober 2022
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Den Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom 29. April 2022 haben Bundesrat und Bundestag nicht in allen Teilen übernommen. Die Absenkung der Neubauanforderungen auf das Niveau Effizienzhaus 55 wird nur primärenergetisch umgesetzt. Die ursprünglich vorgeschlagenen verschärften Anforderungen an die Gebäudehülle (H’T bei Wohngebäuden, U-Mittelwerte bei NWG) wurden nicht in die Gesetzesfassung übernommen. Verschärfungen im Gebäudebestand sind nicht vorgesehen. Die Bundesregierung sieht eine kurzfristige GEG-Änderung durch den Ukraine-Krieg sowie die massive Verteuerung fossiler Brennstoffe als gegeben an. Damit soll eine größere Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen erreicht werden. Zudem seien bereits durch Fortschritte bei Technologien und Materialien niedrigere Heizenergiebedarfe und eine effizientere Nutzung erneuerbarer Energien verfügbar.
Die Gesetzesnovelle soll ein Absinken auf das Mindestniveau des Gebäudeenergiegesetzes für Neubauten (sog. EH-75-Standard1)) verhindern, ausgelöst durch die von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck
im Frühjahr 2022 erfolgte Einstellung der BEG Effizienzhaus-55-Förderung (EH-55). Um die Klimaschutzziele 2030 zu erreichen, ist die baldige Einführung des Mindeststandards Effizienzhaus-55 im Gebäudeenergiegesetz 2023 daher ein wichtiger Baustein für den Neubausektor. Gegenüber dem geltenden sog. EH-75-Neubaustandard sinkt der Primärenergieverbrauch um etwa 20 Prozent. Hierzu erfolgten nun im
GEG 2023 Änderungen bei den Effizienzanforderungen „Jahres-Primärenergiebedarf“. Die Anforderungen an die „Wärmedurchlässigkeit der Gebäudehülle“ bleiben auf dem Niveau des GEG 2020. Damit werden mit dem Gebäudeenergiegesetz zum 1. Januar 2023 die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Danach soll die Einführung des Mindeststandards Effizienzhaus-40 bis 2025 erfolgen und zudem eine Umstellung der bisherigen Anforderungssystematik auf eingesparte Tonnen CO2 sowie die Solardachpflicht gelten. Weiterhin soll bis 2025 die bisherige Dämmanforderung (H‘T) durch eine weiter gefasste Effizienzgröße ersetzt
werden.

Wesentliche Änderungen

Die wesentlichen Änderungsvorschläge des GEG 2023 betreffen primärenergetische Verschärfungen für Neubauten auf das Niveau BEG EH-55 für Wohngebäude bzw. auf das Effizienzgebäude 55 für Nichtwohngebäude sowie befristete Erleichterungen für Gebäude, die der Unterbringung geflüchteter Menschen dienen. Das Wichtigste im Überblick:

Neubauten
• Der BEG Effizienzhaus-55 Standard für neue Wohngebäude bzw. das Effizienzgebäude-55 für neue Nichtwohngebäude soll primärenergetisch zum 1. Januar 2023 Mindestwärmeschutzstandard des GEG 2023 werden. Dabei wird der maximal zulässige Primärenergiebedarf des Referenzgebäudes von bisher 75 auf 55 Prozent reduziert.
• Die Anforderungen an die Gebäudehülle werden nicht, wie noch in der Entwurfsfassung geplant, auf das Niveau Effizienzhaus abgesenkt. Der Mindestwärmeschutzstandard für Neubauten entspricht somit dem GEG 2020 und nicht dem BEG Effizienzhaus.
• Durch die primärenergetische Verschärfung des GEG 2023 auf das EH-55 Neubauniveau wird das vereinfachte Nachweisverfahren für Wohngebäude (oft als „EnEV-easy“ bezeichnet) in Anlage 5 entsprechend angepasst.

Weitere Änderungen

• Reduzierung des Primärenergiefaktors von Strom zum Betrieb wärmenetzgebundener
Großwärmepumpen (Fernwärme) für den nicht erneuerbaren Anteil von bisher 1,8 auf 1,2. Damit soll die bestehende systematische Benachteiligung von Fernwärme aus Großwärmepumpen gegenüber Fernwärme aus KWK-Anlagen oder Wärmeerzeugern mit fossilen Energien beseitigt werden.
• Konkretisierung des § 23 zur Verrechnung selbst erzeugten Stroms im räumlichen Zusammenhang. Die bisherige Regelung führte zu widersprüchlichen Ergebnissen.
• Für die Unterbringung von geflüchteten Menschen wird eine befristete Erleichterung bis 31. Dezember 2024 im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der
Vorschriften des GEG eingeführt.
• Weitere redaktionelle Anpassungen im Gebäudeenergiegesetz aufgrund vorgenannter Änderungen.

Während das Gebäudeenergiegesetz 2023 am 1. Januar 2023 in Kraft treten
wird, soll die Erleichterung für Einrichtungen für Geflüchtete bereits nach der Veröffentlichung gelten.

Den vollständigen neuen Text des Gebäudeenergiegesetzes mit allen Änderungen
finden Sie in unserem Booklet „KlarText! GEG“. Die aktualisierte Ausgabe zur Novelle 2023 erscheint mit GEG Baupraxis, Ausgabe November.

1) Effizienzhäuser beziehen sich auf das energetische Niveau der Energieeinsparverordnung 2014

Konkret sind von der Novelle folgende Paragrafen und Anlagen des GEG betroffen

Neubauten
• § 15 Gesamtenergiebedarf (WG)
• § 18 Gesamtenergiebedarf (NWG)

Berechnungen
• § 22 Primärenergiefaktoren
• § 23 Anrechnung von Strom aus erneuerbaren Energien
• § 24 Einfluss von Wärmebrücken
• § 31 Vereinfachtes Nachweisverfahren (WG)

Bestehende Gebäude
• keine Änderungen

Finanzielle Förderung (Erneuerbare Energien)
• § 91 Verhältnis zu den Anforderungen

Vollzug
• § 102 Befreiungen
• § 103 Innovationsklausel

Anlagen
• Anlage 1 „Referenzwohngebäude“
• Anlage 5 „Vereinfachtes Nachweisverfahren“ (WG)
• Anlage 9 „Umrechnung in Treibhausgasemissionen“

Prof. Dr. Werner Friedl

Prof. Dr. Werner Friedl ist Architekt, lehrt und forscht im Bereich des energieeffizienten Bauens am Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwesen an der Hochschule Darmstadt. Der eingetragene Energieeffizienz-Experte und zertifizierte Passivhausplaner ist zudem Autor des Werks „Planung und Ausführung nach GEG“ der Forum Verlag Herkert GmbH und wohnt seit 2001 in einem Passivhaus.
Kontakt unter: werner.friedl@h-da.de

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