Klimaneutralität
Mammutaufgabe Gebäudesanierung
Text: GEG Baupraxis | Foto (Header): © Andrii Yalanskyi – stock.adobe.com
Die Sanierung von Bestandsgebäuden zählt zu den zentralen Schritten auf dem Weg zur Klimaneutralität. Um entsprechende Maßnahmen flächendeckend voranzutreiben, hat das Bundeswirtschaftsministerium beispielsweise auch die Fördermaßnahmen entsprechend reformiert. GEG Baupraxis stellt hierzu auf den folgenden Seiten verschiedene innovative Produkte und Systeme rund um die „Modernisierungsbereiche“ eines Gebäudes vor – von der Hülle bis hin zur Anlagentechnik.
Auszug aus:
GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe September / Oktober 2022
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Solarfolie für Dächer und Fassaden: Sonnenkraft per Sticker
„Normale“ Solarmodule kennt mittlerweile jeder. Photovoltaik gehört heute zum gewohnten Bild, kann doch jeder mit ihr seinen eigenen grünen Strom erzeugen. Doch es gibt eine weitere spannende Entwicklung in puncto Sonnenenergie: Das Unternehmen Heliatek hat eine neue Technologie entwickelt, die es ermöglicht, Solarfolien herzustellen. Die Technologie, die das ermöglicht, nennt sich organische Photovoltaik (OPV = Organic Photovoltaics). Dafür werden hauchdünne Schichten an synthetisch hergestellten Kohlenstoffverbindungen auf eine Trägerfolie verdampft und bilden so die photovoltaisch aktive Schicht. Da keine begrenzenten Rohstoffe oder toxischen Materialien, wie Blei oder Cadmium, verwendet werden und zudem sehr wenig Material benötigt wird, zählen die Folien laut Hersteller zu den saubersten Solartechnologien. Ermöglicht hat all das die wissenschaftliche Forschung der TU Dresden und der Universität Ulm im Bereich der organischen Elektronik, woraus 2006 die Firma Heliatek entstand. Seitdem hat das Unternehmen viele Materialien entwickelt, aber auch ein einzigartige Rolle-zu-Rolle-Herstellungsverfahren. Seit 2022 werden erste Mengen der sog. „HeliaSol”-Solarfolien aus der Serienfertigung in Dresden an Kunden in der ganzen Welt ausgeliefert.
Was macht die Folien so besonders?
Kurz gesagt: Die Kombination aus „Eigenschaft“ und deren Vorteile für Anwender. Sie sind sehr leicht, flexibel und dünn und kommen überall dort auf oder an Gebäuden zum Einsatz, wo konventionelle Solarlösungen aufgrund von Gewichts- oder Untergrundbeschränkungen nicht möglich sind – beispielsweise Dächer, deren Lastgrenzen keine schweren Solarlösungen vertragen. Oder runde bzw. architektonisch komplexere Formen. Oder Dachmaterialien, die nicht für eine Unterkonstruktion durchbohrt werden dürfen, denn das zusätzlich Besondere der Folien ist ihr integrierter Rückseitenkleber, der die einfache Montage erlaubt: Schutzfolie abziehen und auf eine Vielzahl an Gebäudeflächen aufkleben, ohne Bohren oder Unterkonstruktion.
Gibt es Nachteile?
Da es sich bei der organischen Photovoltaik noch um eine junge Technologie handelt, liegt ihre Effizienz etwa bei der Hälfte normaler Solarlösungen. Auch sind die Folien noch teurer und vorerst nur für kommerzielle Kunden erhältlich. Doch das Heliatek-Team arbeitet mit Hochdruck daran, die Folien günstiger und effizienter zu machen. Und sie in größerer Menge herzustellen.
Holzfaserdämmstoffe zwischen Stegträgern: Außenwände in Holzbauweise modernisieren
Außenwände energetisch zu modernisieren, ist auch in Holzbauweise möglich. Steico bietet hierfür einen Stegträger als Wandständer bzw. Abstandshalter, rechteckige Furnierschichtholzprofile für Fenster, Türen und andere Wandöffnungen sowie Holzfaserdämmstoffe zum Füllen der Gefache an. Dieses Bausystem eignet sich sowohl für vorgehängte hinterlüftete Fassaden, als auch für Putzoberflächen.
Das Bausystem im Detail
Die Gurte des Stegträgers SteicoJoist bestehen aus Furnierschichtholz (Laminated Veneer Lumber – LVL), sein Steg aus Hartfaserplatten (Natural Fibre Board – NFB). Da die Trägerhöhe allein über die Steghöhe definiert wird, steigt seine Wirtschaftlichkeit mit zunehmender Höhe – bzw. mit zunehmender Dämmstärke. So lassen sich laut Hersteller sehr gute U-Werte kostengünstig realisieren. Sein geringes Gewicht und seine gute Handhabbarkeit erleichtern das Arbeiten und verkürzen die Bauzeit. An die bestehende Außenwand befestigt wird er mit dem hinteren Gurt – bei Mauerwerk mit Metallwinkeln, bei Massivholz mit kurzen Holzschrauben. Da der Steg sehr schubfest ist, lässt sich der äußere Gurt hoch belasten und bietet trotzdem noch viel Spielraum für Durchbrüche zur Verlegung von Rohren und Leitungen.
Zum Füllen der Gefache empfiehlt der Hersteller den Holzfaser-Einblasdämmstoff SteicoZell oder alternativ die Holzfaser-Dämmmatte SteicoFlex 0361). Letztere erreicht einen λD-Wert von 0,036 W/(m*K), Erstere einen λD-Wert von 0,038 W/(m*K). Da der dünne Steg des Trägers nur eine äußerst geringe Wärmebrückenwirkung aufweist, reicht außen eine wenige Zentimeter dünne Holzfaserdämmplatte als Unterdeckung bzw. Putzträger aus. Der gewünschte U-Wert wird primär über die entsprechende Stegträgerhöhe eingestellt. Lieferbar ist der SteicoJoist in Höhen von 160 bis 500 mm – auch mit bereits gedämmten Stegbereichen. Durch gedämmte Stegbereiche erhalten die Gefache eine Rechteckform, was ihr Füllen mit Dämmmatten vereinfacht. Werden die Gefache mit Einblasdämmstoff gefüllt, genügen ungedämmte Stegbereiche.
Was weitere Umweltaspekte neben hohen Dämmwerten anbelangt, punktet das System nicht nur durch den nachhaltigen Baustoff Holz an sich. Vielmehr reduziert der Einsatz von Stegträgern den Materialverbrauch im Vergleich zu rechteckigen Vollholzprofilen auf einen Bruchteil. Zudem lassen sich aus dem Holz, das bei der Produktion von Furnierschichtholz übrigbleibt bzw. hierfür ungeeignet ist, Holzfaserdämmstoffe herstellen.
Planungshilfen
Wie sich die Komponenten des Bausystems schlüssig zusammenfügen und Anschlussdetails elegant lösen lassen, beschreibt Steico in folgenden Publikationen, die als PDF-Dateien bzw. als interaktiver Detailkonfigurator
auf der Homepage des Unternehmens zum Download verfügbar sind:
Konstruktionsheft Stegträger –> Shortlink: bit.ly/3C4SBsZ
Planungsheft Außenwand –> Shortlink: bit.ly/3bZWcxQ
Detailkatalog WDVS Mauerwerk –> Shortlink: bit.ly/3JYR1e7
Interaktiver Bausystem Detailkonfigurator –> Shortlink: bit.ly/3zSabNW
1) Holzfaserdämmung gibt es bei Steico in drei Formen: als lose Fasern zum Einblasen, als flexible (weiche/elastische) Matten sowie als robuste (harte/formstabile) Platten.
Wärmedämmplatten aus Biomasse und Recycling-Material: Ökologische Aufsparrendämmung im Denkmalschutz
Die Königliche Heilanstalt Weinsberg wurde 1903 als moderne staatliche Irrenanstalt gegründet. Jetzt ließ der Eigentümer die Apotheke als Teil eines denkmalgeschützten Ensembles des heutigen Klinikums am Weissenhof energetisch ertüchtigen. Da die medizinische Einrichtung vor einiger Zeit dem Nachhaltigkeitsmanagementsystem WIN-Charta beigetreten war, sollten die neu zu verbauenden Produkte hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllen. Bei der Sanierung des Steildachs entschied sich Edgar Müßigmann, Leiter der Abteilung Bau und Technik des Klinikums, daher für eine Kombinationsdämmung mit ökologischer Aufsparrendämmung.
Die Eco-Wärmedämmplatten – eine Neuentwicklung der Paul Bauder GmbH & Co. KG – erfüllten gleichermaßen die Vorschriften des Denkmalschutzamts sowie des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Der Dämmkern des wiederverwertbaren Bauder-Systems besteht zu großen Teilen aus Biomasse, d. h. Reststoffen aus der Landwirtschaft, sowie recycelten Wertreststoffen. Die schützende Deckschicht aus Muschelkalk stammt von Muschelschalen. Was die Effizienz anbelangt, erreicht Eco die Wärmeleitstufe (WLS) 025.
Nachhaltigkeit in der Denkmalpflege
In die Planung der Dachsanierung wurde das Denkmalschutzamt bereits früh mit einbezogen. Zu diesem Zeitpunkt hatten jedoch einige Dachprobleme längst Holzschäden verursacht, Schwellen mussten ausgetauscht und Balken restauriert werden. Aus bauphysikalischen Gründen entschieden sich die Planer für eine Aufsparrendämmung, doch die Dachaufbauhöhen durften das Gebäude optisch nicht verändern. Mit BauderEco S war ein flacher Aufbau von 80 mm über einer Zwischensparrendämmung möglich.
Die 500 m2 Dachfläche des Apothekengebäudes wurde abgedeckt und der Klemmfilz entfernt. Die neue Dämmung mit 140 mm Steinwolle Volldämmung wurde zwischen den Sparren eingebracht, gefolgt von der Dampfbremse. Darauf ließ sich die Aufsparrendämmung als schützende Dämmhaube mit den selbsttragenden, formstabilen und leichten Eco-Wärmedämmplatten umsetzen. Die Überdämmung ist wichtig, damit alle unterhalb der neuen luftdichten Schicht befindlichen Bauteile im warmen und damit bauphysikalisch unkritischen Bereich liegen.
Zur statischen Lastabtragung wurden Bauder Systemschrauben durch die Konterlatten und den Dämmstoff hindurch in die Sparren eingedreht. Schließlich folgten Dachlatten und die neue Eindeckung.
Intelligente Thermostate: Heizungen clever sanieren
Beim Stichwort Heizungssanierung denken viele an ein Großprojekt: Umstieg von Öl oder Gas auf Biomasse, Wärmepumpe oder Fernwärme; Austausch des Heizungskessels, der Umwälzpumpe und womöglich auch der Heizkörper, dazu neue Ventile und ein gründlicher hydraulischer Abgleich; ergänzend vielleicht auch noch Dämmmaßnahmen. Falsch ist diese Vorstellung natürlich nicht: Wer es ganzheitlich machen will, wird aus guten Gründen einige, wenn nicht alle dieser Schritte in Angriff nehmen. Das Problem: Eine solche Sanierung wird teuer und obendrein auch ein Geduldsspiel, weil die Auftragsbücher der Hersteller und Installateure voll sind. Doch es muss nicht immer die große Lösung sein. Ein wesentlicher Sanierungseffekt lässt sich auch schon durch den Einbau intelligenter Heizkörperthermostate erzielen. Dabei geht es nicht nur um die Programmierung von Heizplänen.
Automatischer hydraulischer Abgleich
Die Eco-Thermostate von Danfoss etwa setzen bei ihrer Installation in Heizanlagen mit maximal 20 freistehenden Heizkörpern einen automatischen hydraulischen Abgleich um, den der TÜV-Rheinland laut Hersteller als gleichwertig mit einem Abgleich auf Basis berechneter manueller Voreinstellungen zertifiziert hat. Dabei analysieren die lernfähigen Thermostate die Entwicklung der Raumtemperatur und erfassen so binnen einer Woche, wann das Thermostatventil geöffnet werden muss, damit die vorgesehene Raumtemperatur zum gewünschten Zeitpunkt erreicht wird. So sorgen die Komponenten ohne weiteres Zutun des Heiztechnikers für bedarfsgerechte Verteilung des Heizwassers und optimierte Nutzung der Wärmenergie. Einzige Voraussetzung für diesen automatischen hydraulischen Abgleich: Alle Heizkörper der Wohneinheit müssen mit Eco- Thermostaten ausgestattet sein.
Neben dem Abgleich bieten die Eco-Thermostate eine integrierte Fensteröffnungskennung, die bei Stoßlüftung automatisch die Ventile schließt, sowie individuelle Programmieroptionen. So lassen sich für jeden Wochentag detaillierte Heizpläne mit je drei Absenkungs- und Komfortzeiträumen programmieren. Auch besteht die Möglichkeit, die Aufheizgeschwindigkeit vorzugeben oder Urlaubseinstellungen vorzunehmen. Programmiert werden kann all das per Bluetooth und Smartphone-App. Der Abstand zum Heizkörper sollte dabei maximal zehn Meter betragen. Werden alle Heizkörper mit Eco-Thermostaten ausgestattet und individuelle Heizpläne umgesetzt, lassen sich laut Hersteller bis zu zehn Prozent der Heizkosten einsparen.
Wassermanagementsystem als Sanierungslösung: Nachrüstung sichert Trinkwassergüte
Durch regelmäßiges, normgerechtes Spülen ihrer Trinkwasserinstallationen können Gebäudebetreiber vermeiden, dass sich die Bakterienkonzentration in den Leitungen auf ein für die Gesundheit bedenkliches Maß erhöht. Auch gesetzlich sind sie verpflichtet, die Güte des Trinkwassers zu erhalten. Die Trinkwasserverordnung besagt, dass entsprechende Installationen so zu planen, zu bauen und zu betreiben sind, dass sie mindestens den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ entsprechen.
Wassermanagementsysteme, wie SWS von Schell, unterstützen auch in Zeiten mit ungeplanter, niedriger Frequentierung die Einhaltung der Trinkwasserhygiene mithilfe automatisierter Stagnationsspülungen. Werden Armaturen zu Gruppen zusammengeschlossen, kann sogar der bestimmungsgemäße Betrieb simuliert werden. Dieser Begriff bezeichnet den Betrieb, für den die Anlage technisch ausgelegt ist. Bei niedrigerer Frequentierung als ursprünglich geplant, stagniert Wasser in den Rohrleitungssystemen, was die Vermehrung von Legionellen stark begünstigt. Das lässt sich verhindern, indem das in den Leitungen stagnierende Wasser ausgespült wird. Um sicherzustellen, dass die gesamte Trinkwasserinstallation fachgerecht gespült wird, müssen möglichst viele Entnahmestellen, z. B. über Gruppenbildung automatisch, gleichzeitig geöffnet werden. So wird eine Fließgeschwindigkeit von 2 m/s und mehr erreicht, die nötig ist, um eine turbulente Strömung zu erzeugen. Ist das nicht der Fall, findet ein Wasseraustausch nur im Kern der Leitung statt und die Wandungen werden nicht gespült. Diesen Fall bezeichnet man als „Rohr-in-Rohr-Phänomen“.
Über SWS können unterschiedlichste Armaturenparameter, wie z. B. Sensorreichweiten oder Nachlaufzeiten, Wassermengen und automatische Stagnationsspülungen zu programmierbaren Zeiten, zentral gesteuert werden. Zudem lassen sich mehrere Armaturen zu Spülgruppen zusammenfassen und gleichzeitig spülen, um das Rohr-in-Rohr- Phänomen zu vermeiden. Auch selten genutzte Entnahmestellen, wie etwa nicht gut zugängliche Ausgussbecken, können mit automatisierten Stagnationsspülungen regelmäßig gespült werden.
Einbau im Bestand
Soll ein Wassermanagementsystem nachgerüstet werden, besteht die größte Herausforderung im Bestand darin, Datenkabel und Stromversorgung an alle benötigten Stellen zu verlegen. Optimal für die Nachrüstung ist es, wenn Armaturen mit Batterien betrieben und per Funk gesteuert werden können. Über das Schell-System SWS können alle Komponenten via Funk und/oder Kabel vernetzt werden. Auch im Bestand ist eine Vernetzung so ohne große Stemmarbeiten möglich. Technisch ist das Wassermanagementsystem ebenfalls leicht in übergeordnete Gebäudeleitsysteme zu integrieren, da es für alle gängigen BUS-Protokolle Gateways gibt. Das System lässt sich als Baukasten jederzeit erweitern.