PV-Strategie

Mehr Gas beim Solarstrom

Text: Sandra Hoffmann | Foto (Header): © noppadon ‒ stock.adobe.com

Bis 2035 will die Regierung Treibhausgasneutralität im Stromsektor erreichen und in sieben Jahren sollen 80 % des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Dazu sind im EEG 215 GW installierte Photovoltaikleistung für 2030 als Zwischenziel gesetzt. Das bedeutet: In drei Jahren muss sich also der jährliche PV-Ausbau auf 22 GW verdreifachen. Mit einem Strategiepapier zeigt das BMWK auf, wie all das gelingen soll.

Auszug aus:

GEG Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente und ressourcenschonende Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe Juli / August 2023
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Letztes Jahr waren es sieben, dieses Jahr sollen es neun werden. Die Rede ist von neu installierten Gigawatt Photovoltaik-Leistung. 2,7 davon hat Deutschland im ersten Quartal 2023 bereits erreicht. Zwar stehen damit laut Robert Habeck die Chancen gut, das diesjährige Zwischenziel zu erreichen, um aber bis 2026 auf 22 GW zu kommen, will er „alle Bremsen lösen, die ein höheres Tempo beim Zubau bislang verhindert haben“. Daher stellte der Bundeswirtschafts-und Klimaschutzminister anlässlich des ersten PV-Gipfels im März 2023 Vertretern der Verbände und Bundesländer den Entwurf einer PV-Strategie vor, die daraufhin konsultiert wurde. Es gingen mehr als 600 Stellungnahmen ein. Auf dem zweiten PV-Gipfel am 05.05.2023 präsentierte Habeck ein finalisiertes Strategiepapier, das auf folgende Handlungsfelder abzielt:

1. Freiflächenanlagen stärker aus bauen: ab 2026 Zubau von jährlich mindestens 11 GW
2. PV auf dem Dach erleichtern: auch hier 11 GW Zubau pro Jahr ab 2026
3. Mieterstrom/gemeinschaftliche Gebäudeversorgung vereinfachen
4. Nutzung von Balkon-PV erleichtern
5. Netzanschlüsse beschleunigen: bei Freiflächen- und Dachanlagen
6. Akzeptanz stärken
7. wirksame Verzahnung von Energie- und Steuerrecht sicherstellen: Abbau steuerrechtlicher Hürden
8. Lieferketten sichern/wettbewerbsfähige, europäische Produktion anreizen: Aufbau industrieller Produktionskapazitäten für die ganze Wertschöpfungskette in Deutschland/EU
9. Fachkräfte sichern: u. a. mehr Aus-/Fortbildungsangebote
10. Technologieentwicklung voranbringen
11. EU-Rahmen: Nutzung europapolitischer Instrumente, z. B. EU-Strategie für Solarenergie, Fit for 55-Paket

Das BMWK arbeitet bereits an der Umsetzung der Maßnahmen. Die entsprechend nötigen gesetzlichen Anpassungen will das Ministerium nach den entsprechenden thematischen Zuordnungen in zwei aufeinanderfolgenden Gesetzespaketen – Solarpaket I und II – umsetzen. Das Solarpaket I will das BMWK dem Bundeskabinett noch vor der parlamentarischen Sommerpause1) im Juli und August zum Beschluss vorlegen, danach sollen die Beratungen in Bundestag und Bundesrat folgen. Die Arbeiten am Solarpaket II beginnen nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zum Solarpaket I.

 

PV auf dem Dach erleichtern

Ziel des BMWK ist es, allen Segmenten der Photovoltaik auf dem Dach weitere Wachstumsimpulse zu geben. So sollen ab 2026 jährlich rd. 11 GW auf Gebäuden zugebaut werden. Damit erfolgt die Hälfte des Gesamtzubaus auf Dachflächen oder gebäudeintegriert, wie es im EEG 2023 angelegt ist. Um dem Ausbau von PV-Dachanlagen in der Breite einen solchen Schub zu geben, schlägt das BMWK – aufbauend auf den entsprechenden bereits erfolgten Novellierungen des EEG – für das Solarpaket I folgende nächste Schritte vor:

Grenze der Direktvermarktungspflicht anders gestalten/Weiterentwicklung der Regelungen zur Vermeidung einer Pönalisierung
Da sich Photovoltaik oft gut für Supermarkt- oder Lagerhallendächer eignet und sich zudem meist sehr viel der erzeugten Energie vor Ort verbrauchen lässt, können Gewerbebetriebe mit ihrer Hilfe Strombezugskosten senken. Allerdings verpflichtet das EEG Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW zur Direktvermarktung. In der Praxis haben Anlagenbetreiber in diesem Segment aber oft Probleme, einen Direktvermarkter zu finden, der bei Anlagen mit sehr hohen Eigenverbrauchsanteilen bereit ist, die Bilanzierungsrisiken der schwer zu prognostizierenden und geringen Überschusseinspeisung zu tragen. Nach den Erfahrungen der Direktvermarkter übersteigen die Ausgleichsenergierisiken oft die Erlöschancen, was dazu führen kann, dass der Gewerbebetrieb gar keinen Dienstleister findet, der die Überschusseinspeisung abnimmt, selbst wenn Ersterer auf Zahlungen komplett verzichtet. Die Folge ist oft, dass Betreiber die Überschusseinspeisung abregeln oder die Anlage so dimensionieren, dass sie unter der Schwelle von 100 kW bleibt. In beiden Fällen bleiben wertvolle Potenziale zur EE-Stromerzeugung ungenutzt, darum will das BMWK die Direktvermarktungspflicht flexibler gestalten. Trotzdem soll bei Anlagen, die größere Strommengen ins Netz einspeisen, die Direktvermarktung der attraktivere Regelfall bleiben. Abhilfe soll eine möglichst einfache, bürokratiearme Regelung schaffen, die im Rahmen des europarechtlich Erlaubten die Abnahme des überschüssigen Stroms ermöglicht und eine Pönalisierung bei fehlender Direktvermarktung vermeidet.

Auch hinsichtlich anderer Pönalisierungstatbestände des § 52 EEG sollen drohende Zahlungen möglichst schon dadurch abgewendet werden, dass verstärkt Anreize zur Einhaltung der Pflichten gesetzt werden, bevor eine Pönalisierung greift.

• Anlagenzusammenfassung bei Dachanlagen lockern
Im EEG sind die Vergütungshöhe, die Pflicht zur Teilnahme an Ausschreibungen sowie verschiedene technische Anforderungen von der Anlagengröße abhängig. Daher werden mehrere Anlagen unter bestimmten Bedingungen als eine Anlage betrachtet, deren Leistung der Summe der Anlagen entspricht. Das soll ein künstliches Anlagensplitting und somit eine Umgehung notwendiger technischer Anforderungen, Ausschreibungserfordernisse oder Vergütungsklassen vermeiden. Die Regelungen zur Anlagenzusammenfassung führen heute teils aber zu ungewünschten Auswirkungen. Es kann etwa passieren, dass Betreiber, die eine Anlage später als ein Nachbar in Betrieb genommen haben, eine geringere Vergütung bekommen oder höhere technische Anforderungen erfüllen müssen. Das BMWK prüft daher, wie diese Regelung weiterentwickelt werden kann und analysiert darüber hinaus Missbrauchsmöglichkeiten.

• Gebäude im Außenbereich für Dachvergütung zulassen
Gemäß EEG 2012 erhielten PV-Anlagen auf Nichtwohngebäuden im Außenbereich – also auf Flächen außerhalb von Bebauungsplänen oder bebauten Ortsteilen – nicht die Vergütung für Dachanlagen, sondern die niedrigere Vergütung für Freiflächenanlagen. Hintergrund war, dass Gebäude im Außenbereich oft vorrangig nur erbaut wurden, um auf ihrem Dach eine PV-Anlage zu montieren (Stichwort: „Solarstadl“). Mit der EEG-Neuregelung wurde das ab dem 01.04.2012 ausgeschlossen. Das BMWK schlägt nun jedoch vor, diesen Stichtag auf den 01.03.2023 zu ändern. Das soll den Bau von Dachanlagen auf Gebäuden im Außenbereich ermöglichen, die in den letzten zehn Jahren entstanden sind. So werden weitere Dachflächen erschlossen, ohne erneut Anreize für „Solarstadl“ zu setzen.

• Bürokratieabbau beim Parallelbetrieb von zwei Anlagen auf einem Dach
Das EEG 2023 ermöglicht den mess-und abrechnungsseitig getrennten Betrieb einer Eigenverbrauchs- und einer Volleinspeiseanlage mit höherer Vergütung nebeneinander auf einem Dach. Die Festlegung, für welche Anlage die höhere Vergütung gilt, kann dabei geändert werden. Sollte sich also der Umfang erhöhen, indem der Strom selbst vor Ort verbraucht werden kann – etwa durch die Anschaffung eines E-Autos oder einer Wärmepumpe – kann der Anlagenbetreiber auch die größere, zunächst als Volleinspeiseanlage gebaute Anlage für den Eigenverbrauch nutzen. Um unnötige Bürokratie zu vermeiden, wird das BMWK das Erfordernis einer jährlichen Meldung, welche Anlage als Volleinspeiseanlage zu behandeln ist, streichen. Betreiber müssen dann den Netzbetreiber nur bei Änderungen informieren.

• Technische Anforderungen der Direktvermarktung für Kleinanlagen senken
Derzeit müssen alle Anlagen in der Direktvermarktung, unabhängig von ihrer Größe, mit technischen Einrichtungen ausgestattet sein, mit denen der Direktvermarkter jederzeit die momentane Einspeisung abrufen und die Anlage fernsteuern kann. In der Praxis machen Direktvermarkter bei kleineren Anlagen von dieser Möglichkeit oft keinen Gebrauch. Daher sollen die zwingenden technischen Anforderungen bei Kleinanlagen bis 25 kW abgesenkt und so auch eine Eintrittsbarriere für die Direktvermarktung beseitigt werden. Wird perspektivisch die Stromerzeugung von mehr Kleinanlagen direkt vermarktet, ist das nach Ansicht des BMWK insgesamt für die Marktintegration der erneuerbaren Energien zu begrüßen. Entscheidend sei, dass die Anreize zur Bilanzkreisbewirtschaftung in der Direktvermarktung unvermindert bestehen bleiben.

• Garten-PV vereinfachen
Eine PV-Anlage im Garten wird per EEG nur gefördert, wenn das Dach nicht für Photovoltaik geeignet ist. Zur Frage, wann ein Dach nicht für PV geeignet ist, wurde die Bundesregierung ermächtigt, weitere Regelungen zu treffen. Bis zum Inkrafttreten allgemeiner Regeln schlägt das BMWK vor anzunehmen, dass das Dach des Hauses nicht geeignet ist, wenn ein Betreiber eine Anlage im Garten in Betrieb nimmt.

• Repowering bei Dachanlagen zulassen
Das Repowering wurde zuletzt im EEG für Freiflächenanlagen zugelassen. So lassen sich Module austauschen und der verbleibende Vergütungsanspruch geht auf das neue Modul über und erlischt für das alte. Eine vergleichbare Regelung soll auch für PV-Dachanlagen eingeführt werden.

Über das Solarpaket I hinaus will das BMWK u. a. folgende Themen weiterverfolgen:

• Bauliche/technische Anforderungen an PV-Anlagen auf Dächern weiter optimieren
Zum Teil hemmen auch bauliche Detailregelungen den einfachen, effizienten PV-Zubau auf Dächern. Hier will sich das BMWK u. a. dafür einsetzen, eine weitere Absenkung und Vereinheitlichung der Abstandsvorgaben in den Bauordnungen zu prüfen, damit v. a. bei Reihenhäusern im Durchschnitt mehr PV-Module auf dem Dach möglich werden. Um dem Technologiefortschritt bei den Modulen Rechnung zu tragen, sollten möglichst auch Module mit einer Fläche über 2 m² für die Installation auf dem Dach einfacher genutzt werden können.

• Wechselrichterverbräuche von Volleinspeiseanlagen mit eigenständiger Netzverknüpfung bürokratiearm abrechnen
In geringfügigem Umfang verbrauchen Wechselrichter im Betrieb Strom. Bei Anlagen, die nur zur Einspeisung betrieben werden und somit getrennt vom Strombezug des Hauses installiert sind, kann der geringfügige Verbrauch des Wechselrichters ein separates Stromlieferverhältnis inkl. Grundpreis begründen. Da es sich hierbei i. d. R. aber nur um wenige kWh Verbrauch pro Jahr handelt, wäre eine einfachere Lösung zu begrüßen. Das BMWK will hier das Gespräch mit der Branche suchen.

 

Nutzung von Balkon-PV erleichtern

Balkon-PV, Balkonkraftwerke oder – technisch korrekt „Steckersolargeräte“ – sind eine sehr niedrigschwellige Möglichkeit, an der Energiewende teilzuhaben. Die Kleinstanlagen ermöglichen es Mietern oder Wohnungseigentümern, kostengünstigen Solarstrom für den Eigenverbrauch zu produzieren. Im Verhältnis zum Beitrag von Freiflächenanlagen oder Dachanlagen wird ihr Anteil an der gesamten installierten PV-Leistung sicher gering bleiben, trotzdem ist die Zielvorstellung des BMWK, dass Betreiber die Anlage einfach und schnell anmelden, selbst anschließen und ohne die Hilfe von Fachkräften in Betrieb nehmen können. Noch sieht das ganz anders aus, noch ist auch für eine Mini-Solaranlage dieselbe komplexe Anmeldung im Marktstammdatenregister sowie eine Meldung beim Netzbetreiber nötig wie für eine klassische große PV-Anlage. Das und andere Punkte will das BMWK nun ändern. Folgende Maßnahmen sind im Rahmen des Solarpaket I geplant:

• Meldepflichten vereinfachen oder streichen
Der Anschluss einer Balkon-PV-Anlage sollte einfach und unbürokratisch sein, daher will das BMWK die derzeit noch bestehende „Doppelmeldung“ im Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber entschlacken.

• Rückwärtsdrehende Zähler vorüber gehend dulden
Balkon-PV soll übergangsweise hinter jedem vorhandenen Zählertyp betrieben werden dürfen, inkl. rückwärtsdrehender Ferrariszähler – allerdings nur so lange, bis ein Zweirichtungszähler (im Regelfall eine moderne Messeinrichtung) installiert wird. Dazu will das BMWK Messstellenbetreiber verpflichten. Ein dauerhafter Betrieb der Balkon-PV-Anlage hinter rückwärtsdrehenden Zählern sowie eine Ausweitung dieser Regelung auf leistungsstärkere PV-Anlagen ist nicht geplant und wäre nach Ansicht des Ministeriums auch nicht sachgerecht. Es soll nur ermöglicht werden, das Steckersolargerät schon vor dem ggf. nötigen Zählerwechsel anschließen zu dürfen.

• Aufnahme von Balkon-PV in den Katalog privilegierter Maßnahmen im WEG/BGB
Bislang müssen Wohnungseigentümergemeinschaften oder Vermieter dem Betrieb eines Steckersolargeräts zustimmen. Das BMWK plädiert dafür, die Balkon-PV in den Katalog privilegierter Maßnahmen aufzunehmen. Damit hätten Wohnungseigentümer und Mieter einen Anspruch auf Zustimmung für den Betrieb ihrer Balkon-PV-Anlage. Die Zuständigkeit liegt beim Bundesministerium der Justiz (BMJ).

• Anlagenzusammenfassung bei Balkon-PV
Die rechtliche Verklammerung einer Balkon-PV-Anlage mit einer bestehenden PV-Dachanlage oder mit weiteren Balkon-PV-Anlagen soll auch dann ausgeschlossen werden, wenn sich diese auf demselben Grundstück befinden. Anderenfalls könnten alleine durch die Inbetriebnahme einer Balkon-PV bestimmte Schwellenwerte, z. B. hinsichtlich technischer Anforderungen, überschritten werden.

Neben diesen Maßnahmen des Solarpakets I können auch die Normungsgremien des VDE wesentlich zu Vereinfachungen im Rahmen der laufenden Überarbeitung der Technischen Regelwerke beitragen. Zentrale Ansatzpunkte sind hier nach Ansicht des BMWK:

• Schukostecker als „Energiesteckvor richtung“ ebenfalls zulassen
Geregelt werden soll das in der Produktnorm DIN VDE V 0126-95. Die Entwurfsfassung enthält im Anhang 1 eine ausführliche Diskussion des Brand und Stromschlagrisikos bei Steckersolargeräten mit Schukosteckern. Im Ergebnis erscheint das Risiko gering, wenn der Schukostecker mit einem Modulwechselrichter kombiniert ist, der über einen Netz- und Anlagenschutz verfügt. Das Stromschlagrisiko ist vergleichbar mit anderen Haushaltsgeräten und das Brandrisiko wurde bei Nutzung von Wandsteckdosen als gering modelliert. Steckersolargeräte dürfen aber grundsätzlich nicht in Mehrfachsteckdosen gesteckt werden. Das könnte durch einen Hinweis am oder auf dem Kabel klargestellt werden. Das BMWK hat den Dialog mit den Normungsstellen aufgenommen. Stellungnahmen oder Positionen wurden von BMWK, Umweltbundesamt und Bundesnetzagentur eingereicht.

• Schwelle von 600 W erhöhen
Die EU-Verordnung „Requirements for Generators“, die Anforderungen an den Anschluss neuer Stromerzeugungsanlagen an das Stromnetz beschreibt, gilt nicht für Erzeugungsanlagen unterhalb von 800 W Wechselstromleistung. Mitgliedstaaten können davon abweichende Regelungen treffen. In Deutschland sind 600 Voltampere (VA, entspricht 600 W) in einer technischen Norm (VDE-AR-N 4105) als Obergrenze für die vereinfachte Anmeldung definiert. Hinsichtlich der vereinfachten Anmeldung sowie auch für die Produktnorm DIN VDE V 0126-95 hat das BMWK den Normgeber (VDE/DKE/FNN) gebeten, die Grenze auf 800 VA Wechselstromleistung zu erhöhen.

 

Mieterstrom vereinfachen

Mieterstromkonzepte und der damit verbundene Wunsch nach der eigenen Versorgung mit grünem Strom können wichtige Anreize für den weiteren Zubau von PV-Dachanlagen setzen und bieten auch für Mieter ohne eigene Immobilie eine Möglichkeit, an der Energiewende teilzuhaben. Auf der anderen Seite ist laut BMWK festzustellen, dass der geförderte PV-Mieterstrom bisher einen deutlich geringeren Beitrag zum Ausbau der Dach-Photovoltaik leistet als erwartet. Das Mieterstrommodell nutzen bislang v. a. größere Wohngebäude ab ca. 15 Wohneinheiten und es sind oft bereits bestehende Stromversorger, die entsprechende Tarife anbieten, denn sie haben keine Schwierigkeiten, auch Lieferantenpflichten zu erfüllen. Vermieter übernehmen wegen der verbleibenden Hürden kaum selbst die Mieterstromlieferung, weshalb Mieterstrom bislang auch gerade in kleineren Mehrparteiengebäuden noch selten ein Thema ist: Für professionelle Akteure sind Projekte dieser Größe nicht attraktiv genug, für die eigenständige Umsetzung durch Vermieter oder Wohneigentümergemeinschaften sind die rechtlichen Hürden jedoch zu hoch. Diese will das Ministerium nun abbauen.

Die Förderung von PV-Mieterstrom hat das EEG 2023 bereits verbessert. Der Mieterstromzuschlag kann nun auch für Anlagen größer als 100 kW beansprucht werden, die Degression wurde ausgesetzt. Dass die Mieterstromförderung auch in Anspruch genommen werden kann, wenn der Anlagenbetreiber nicht selbst als Stromlieferant der Bewohner tätig wird, sondern das einem Dritten überlässt, stellt eine zusätzliche Erleichterung dar. Um eine breitere Nutzung von PV-Dachanlagen im Bereich Mieterstrom zu ermöglichen, schlägt das BMWK im Rahmen des Solarpakets I nun noch folgende Schritte vor:

• Einführung des virtuellen Summenzählers
Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW2)), dem der Bundesrat am 12.05.2023 final zugestimmt hat, sollen sich mithilfe intelligenter Messsysteme auch virtuelle Summenzähler bilden lassen. Diese erfassen sowohl die Stromerzeugung der PV-Anlage als auch den Verbrauch der Nutzer digital und eine Software bilanziert alles entsprechend. Als weiteren Punkt sieht die PV-Strategie vor, auf Wunsch die Ausstattung von Mieterstromprojekten mit intelligenten Messsystemen durch den grundzuständigen Messstellenbetreiber auch an nicht bilanzierungsrelevanten Unterzählpunkten zu ermöglichen. Die nötige Messwerterhebung und -verarbeitung übernimmt der Messstellenbetreiber. All diese Maßnahmen würden entsprechende Projekte in Summe deutlich vereinfachen und vergünstigen, weil die physische Summenzählung am Netzanschlusspunkt sowie aufwendige Messtechnik im Gegenzug entfallen könnten.

• Einführung der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
Hiermit sollen Strommengen aus einer Solaranlage hinter dem Netzverknüpfungspunkt anteilig den Nutzern eines Gebäudes zugerechnet werden können. Als Umsetzungsbeispiel dafür nennt das BMWK die sog. „gemeinschaftliche Erzeugungsanlage“, die in Österreich am 27.07.2017, definiert durch § 16a des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes 2010 (EIWOG), in Kraft getreten ist. Die Stromerzeugung aus der PV-Anlage wird unter Nutzung intelligenter Messsysteme den Teilnehmern zugewiesen und von deren Netzbezugsmengen abgezogen. Den Bewohnern steht es frei, an diesem Modell teilzunehmen. Die Reststrombelieferung erfolgt über die weiterhin bestehenden Stromlieferverträge. In Abgrenzung zum bisherigen Mieterstrom soll die Umsetzung für den Anlagenbetreiber deutlich vereinfacht werden. So entfallen z. B. bei Bereitstellung des PV-Stroms im Gebäude für ihn die gewöhnlichen Lieferantenpflichten. Das Modell eignet sich v. a. für Anwendungen auf kleineren Mehrparteiengebäuden und für kleinere Mieterstromprojekte. Auch in vermieteten Gewerbeimmobilien kann es die Nutzung von PV-Strom vor Ort vereinfachen. Um die Einführung zu unterstützen, beabsichtigt die Bundesnetzagentur laut BMWK eine Klarstellung zur Anwendbarkeit von Messkonzepten mit einer virtuellen Zuordnung von Strom auf einen Zählpunkt sowie die Berücksichtigung eventueller neuer Anforderungen in kommenden Konsultationen und Aktualisierungen von Marktkommunikationsregeln.

• Entbürokratisierung und Weiterentwicklung des bestehenden Mieterstrommodells
Das bestehende Mieterstrommodell soll im Sinne einer Entbürokratisierung optimiert werden. Einen wichtigen Beitrag hierzu soll die Anpassung der Anlagenzusammenfassung leisten. Zusätzlich sollen bestehende steuerliche Hürden für die Gebäudeeigentümer abgebaut werden. Die Vertragsgestaltung für die Anbieter von Mieterstromtarifen lässt sich vereinfachen, indem die von anderen Lieferverhältnissen abweichenden Anforderungen an Vertragslaufzeiten entfallen. Zudem sollen Mieterstrom-PV-Anlagen künftig auch auf benachbarten Nichtwohngebäuden, wie z. B. Parkhäusern oder Garagen, installiert werden dürfen. Und zusätzlich zu den Verbesserungen des Mieterstroms für Wohngebäude soll die Mieterstromförderung auch in reinen Gewerbegebäuden möglich sein. Hier ist nach Meinung des BMWK kontinuierlich zu prüfen, in welchen Fällen eine zusätzliche Mieterstromförderung angemessen ist.

• Regelung für die Abrechnung von PV-Strom zur Wärme-/Warmwasserbereitung und für Allgemeinstrom im Rahmen der Betriebskostenabrechnung
Da perspektivisch in immer mehr Mehrfamilienhäusern zentrale Wärmepumpen für die Wärme-/Warmwasserbereitstellung zum Einsatz kommen werden, stellt sich für Vermieter die Frage, wie der Strom, den die PV-Anlage auf dem Dach für diese Wärmepumpe zur Verfügung stellt, in der Betriebskostenabrechnung abzubilden ist. Eine entsprechende Regelung ist für das Solarpaket II vorgesehen.

• Weitergehendes Energy Sharing
Zudem möchte das BMWK unter Beteiligung der Bundesnetzagentur in der zweiten Jahreshälfte 2023¹ eine Diskussion mit den Stakeholdern zu Möglichkeiten einer Ausweitung der gemeinschaftlichen Nutzung von PV-Strom über das öffentliche Netz anstoßen. Im Kern geht es um die Frage, ob und in welchem Umfang dafür vereinfachte Regeln und Vergünstigungen gelten sollten. In verschiedenen EU-Ländern ist so ein „Energy Sharing“ schon einfacher als in Deutschland möglich: Bürger organisieren sich in Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften, um so selbst grünen Strom zu erzeugen, zu verbrauchen, zu speichern oder zu verkaufen. Hier sind laut Politik jedoch viele Aspekte mitzudenken, auch mögliche Auswirkungen auf den Konsumentenschutz, die Refinanzierung der Netze, den Strommarkt und die Verteilnetze.

Quellen: BMWK

¹) Hinweis: Redaktionsschluss für diesen Beitrag war Anfang Juni. Entwicklungen, die nach diesem Datum stattfanden, konnten daher nicht berücksichtigt werden. 2) Das GNDEW soll den Smart-Meter-Roll-out beschleunigen. Nach dem neuen Gesetz sind ab 2025 alle Verbraucher ab 6.000 bis 100.000 kWh/ Jahr sowie Anlagenbetreiber ab 7 bis 100 kW installierter Leistung verpflichtet, intelligente Messsysteme einzubauen. Was die entsprechenden Fristen anbelangt, müssen bis Ende 2025 20% der „Betroffenen “entsprechende Komponenten eingebaut haben, bis Ende 2028 mind. 50% und bis Ende 2030 mind. 95%.

Die Autorin

Sandra Hoffmann

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